Die Ernährung während der Schwangerschaft spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit von Mutter und Kind. Viele werdende Mütter fragen sich, welche Nährstoffe sie wirklich benötigen und ob Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sind. Experten betonen, dass eine ausgewogene Ernährung die Basis bildet, doch bestimmte Mikronährstoffe erfordern oft eine gezielte Zufuhr.
Wichtige Erkenntnisse
- Folsäure und Jod sind die einzigen Nährstoffe, die Schwangeren generell zur Supplementierung empfohlen werden.
- Der Kalorienbedarf steigt nur moderat, der Nährstoffbedarf jedoch deutlich.
- Viele kommerzielle Präparate sind überdosiert oder enthalten unnötige Zusätze.
- Vegan lebende Schwangere benötigen eine umfassende Ernährungsberatung und gezielte Supplementierung.
- Eisen sollte nur bei nachgewiesenem Mangel und ärztlicher Anweisung eingenommen werden.
Veränderter Nährstoffbedarf in der Schwangerschaft
Während der Schwangerschaft verändert sich der Körper einer Frau in vielerlei Hinsicht. Der Kalorienbedarf steigt jedoch erst im zweiten Trimester um etwa 250 Kilokalorien und im dritten Trimester um rund 500 Kilokalorien pro Tag. Dies entspricht beispielsweise einer zusätzlichen Scheibe Roggenbrot mit Käse und Tomate.
Der Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen steigt hingegen wesentlich stärker. Eine nährstoffreiche Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, fettarmen Milchprodukten, Fisch und magerem Fleisch kann den Großteil dieses Bedarfs decken.
Wichtige Nährstoffreferenzwerte pro Tag für Schwangere
- Folat (Folsäure): 550 Mikrogramm (vorher 300 Mikrogramm)
- Jod: 230 Mikrogramm (vorher 200 Mikrogramm)
- Eisen: 27 Milligramm (vorher 16 Milligramm)
- Vitamin B12: 4,5 Mikrogramm (vorher 4 Mikrogramm)
- Omega-3-Fettsäuren (DHA): > 200 Milligramm
Die Rolle von Folsäure: Unverzichtbar für die Entwicklung
Folsäure ist ein Vitamin, das maßgeblich an der Zellteilung und dem Wachstum beteiligt ist. Besonders in der frühen Schwangerschaft ist eine ausreichende Versorgung entscheidend, um das Risiko von Neuralrohrdefekten beim Kind zu minimieren.
Experten empfehlen Frauen mit Kinderwunsch und Schwangeren bis zum Ende des ersten Trimesters täglich 400 Mikrogramm Folsäure zusätzlich zur Nahrung einzunehmen. Idealerweise beginnt die Einnahme bereits vier Wochen, besser noch drei Monate vor der geplanten Empfängnis.
„Die Einnahme von 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag verringert das Risiko kindlicher Fehlbildungen.“
Bei einer ungeplanten Schwangerschaft oder einem späten Beginn der Folsäure-Einnahme im ersten Trimester wird oft eine Dosis von 800 Mikrogramm empfohlen. Eine Überdosierung von mehr als 1.000 Mikrogramm synthetischer Folsäure pro Tag sollte vermieden werden, während natürliches Folat aus Lebensmitteln unbedenklich ist.
Natürliche Folsäurequellen
- Grünes Blattgemüse wie Spinat und Salate
- Kohlsorten
- Hülsenfrüchte
- Vollkornprodukte
- Tomaten und Orangen
Jodversorgung: Wichtig für geistige und körperliche Entwicklung
Jod ist essenziell für die gesunde körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Eine gute Jodversorgung der Mutter unterstützt die Schilddrüsenfunktion des Fötus.
Meeresfisch, der ein- bis zweimal pro Woche auf dem Speiseplan stehen sollte, sowie Milch und Milchprodukte sind gute Jodquellen. Die Verwendung von jodiertem Speisesalz im Haushalt und der Kauf von Lebensmitteln, die mit Jodsalz hergestellt wurden, tragen ebenfalls zur Versorgung bei.
Zusätzlich sollten Schwangere täglich 100 bis 150 Mikrogramm Jod über ein Nahrungsergänzungsmittel zuführen. Auch in der Stillzeit bleibt der Jodbedarf erhöht, da der Säugling über die Muttermilch versorgt wird; hier werden 100 Mikrogramm täglich empfohlen.
Wichtiger Hinweis bei Schilddrüsenerkrankungen
Bei einer vorliegenden Schilddrüsenerkrankung (wie Über- oder Unterfunktion, Hashimoto) ist vor jeder Jod-Supplementierung unbedingt ärztlicher Rat einzuholen.
Aktuelle Studien zeigen, dass nur 32 Prozent der Mütter die Jodempfehlungen einhalten und lediglich 15 Prozent die kombinierten Empfehlungen für Folsäure und Jod erfüllen.
Eisen: Supplementierung nur bei Mangel
Der Eisenbedarf steigt in der Schwangerschaft, da mehr Eisen für die Plazenta, den Fötus und das erhöhte Blutvolumen der Mutter benötigt wird. Eine vorbeugende Einnahme von Eisenpräparaten ist jedoch nicht ratsam.
Die Entscheidung zur Eisensupplementierung sollte immer individuell nach einer ärztlichen Blutuntersuchung und Beratung getroffen werden. Viele Frauen können ihren Eisenbedarf über die Nahrung decken, insbesondere durch den Verzehr von Fleisch, Fisch sowie pflanzlichen Quellen wie Vollkornprodukten und dunklem Blattgemüse.
Die Aufnahme von Eisen aus dem Darm wird durch gleichzeitigen Verzehr von Vitamin C-reichen Lebensmitteln, wie Obst oder Salate, verbessert.
Omega-3-Fettsäuren (DHA) für Gehirn und Sehfunktion
Die langkettige Omega-3-Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) ist wichtig für die normale Entwicklung des kindlichen Gehirns und der Sehfunktion. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Schwangeren eine tägliche Zufuhr von mindestens 200 mg DHA.
Dies kann durch ein bis zwei Portionen Seefisch pro Woche erreicht werden, vorzugsweise fettreiche Sorten wie Makrele, Hering, Sardine oder Lachs. Große Raubfische wie Thunfisch oder Schwertfisch sollten wegen möglicher Quecksilberbelastung nur selten gegessen werden. Fisch sollte immer gut durchgegart sein.
Für Frauen, die keinen Fisch essen, bieten sich DHA-Ergänzungsmittel aus marinen Mikroalgen oder angereicherte Lebensmittel an.
Vitamin D: Sonnenlicht und gezielte Zufuhr
Die Vitamin D-Versorgung der Schwangeren beeinflusst direkt die Knochenentwicklung und Gesundheit des Kindes. Die Hauptquelle für Vitamin D ist die Eigensynthese in der Haut durch Sonnenlichtexposition.
Über die Nahrung wird nur wenig Vitamin D aufgenommen. Frauen, die sich selten im Freien aufhalten, ihre Haut weitgehend bedecken oder dunkle Hauttypen haben, sind anfälliger für eine Unterversorgung. In solchen Fällen kann eine Supplementierung nach ärztlicher Rücksprache sinnvoll sein.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, sich öfter im Freien zu bewegen, um den Vitamin D-Bedarf auf natürliche Weise zu decken.
Cholin: Ein Nährstoff mit offenen Fragen
Cholin, eine vitaminähnliche Substanz, ist ein Baustein wichtiger Moleküle, die unter anderem für die Gehirnentwicklung von Bedeutung sind. Schwangere haben aufgrund der kindlichen Wachstumsprozesse einen erhöhten Cholin-Bedarf.
Es gibt jedoch noch keine klaren Empfehlungen zur Supplementierung von Cholin in der Schwangerschaft. Der Körper kann Cholin selbst herstellen, wenn ausreichend Folsäure und Methionin vorhanden sind. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) schätzt den täglichen Bedarf für Schwangere auf 480 Milligramm.
Cholin ist reichlich in Eiern, Fleisch, Fisch und Milchprodukten enthalten, aber auch in Hülsenfrüchten, Tofu und Getreideprodukten. Bei einer abwechslungsreichen Mischkost ist eine zusätzliche Einnahme von Cholin-Ergänzungsmitteln wahrscheinlich nicht notwendig.
Besonders bei vegan lebenden Schwangeren könnte die Cholinversorgung unter den geschätzten Werten liegen. Hier ist eine individuelle Beratung durch Gynäkologen oder Ernährungsmediziner ratsam.
Vorsicht bei Nahrungsergänzungsmitteln: Weniger ist oft mehr
Werbung für Nahrungsergänzungsmittel suggeriert oft, dass Schwangere ein breites Spektrum an Vitaminen und Mineralstoffen benötigen. Ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg im Jahr 2023 ergab jedoch, dass viele Produkte überdosiert sind oder unnötige Nährstoffe enthalten.
Eine Untersuchung von Öko-Test im Juli 2023 bewertete zwölf von 22 Produkten für Schwangere mit „ungenügend“. Die pauschale Empfehlung bleibt bei Folsäure (400 Mikrogramm) und Jod (100 bis 150 Mikrogramm).
Für vegan lebende Schwangere ist eine umfassende Ernährungsberatung und die Supplementierung weiterer Mikronährstoffe, insbesondere Vitamin B12, unerlässlich. Die Versorgung mit kritischen Nährstoffen sollte regelmäßig ärztlich überprüft und bei Bedarf angepasst werden.





