In fast jedem verarbeiteten Lebensmittel finden sie sich: Zusatzstoffe, kenntlich gemacht durch eine E-Nummer oder ihren spezifischen Namen auf der Zutatenliste. Sie sorgen für eine längere Haltbarkeit, eine ansprechendere Farbe oder eine cremigere Konsistenz. Doch was verbirgt sich hinter diesen Codes und sind alle Stoffe unbedenklich?
Rund 320 solcher Zusatzstoffe sind derzeit in der Europäischen Union zugelassen. Jeder einzelne durchläuft ein strenges Prüfverfahren, bevor er in unseren Lebensmitteln landen darf. Trotzdem gibt es immer wieder Diskussionen über ihre Sicherheit und Lücken bei der Kennzeichnung, die es Verbrauchern erschweren, den vollen Überblick zu behalten.
Das Wichtigste in Kürze
- Zusatzstoffe werden in der Zutatenliste mit ihrem Klassennamen und der E-Nummer oder der genauen Bezeichnung angegeben.
- Alle zugelassenen Stoffe wurden von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft.
- Es gibt Ausnahmen bei der Kennzeichnung, etwa bei loser Ware, Kleinstverpackungen oder sogenannten Verarbeitungshilfsstoffen.
- Für bestimmte Zusatzstoffe, wie einige Farbstoffe oder Süßungsmittel, sind spezielle Warnhinweise gesetzlich vorgeschrieben.
Was bedeuten die E-Nummern?
Wer die Zutatenliste eines Produkts studiert, stößt schnell auf Begriffe wie „Antioxidationsmittel E 300“ oder „Verdickungsmittel Xanthan“. Diese Angaben sind gesetzlich vorgeschrieben und sollen für Transparenz sorgen. Das „E“ in der E-Nummer steht dabei für „Europa“ und signalisiert, dass der Stoff in der gesamten EU zugelassen ist.
Die Nummern sind in Funktionsklassen eingeteilt, die Aufschluss über den Zweck des Stoffes geben. Diese Struktur hilft bei der Orientierung:
- Farbstoffe: E 100 – E 180
- Konservierungsstoffe: E 200 – E 297
- Antioxidations- und Säuerungsmittel: E 300 – E 392
- Verdickungs-, Feuchthalte- und Geliermittel: E 400 – E 499
- Säuerungsmittel und Säureregulatoren: E 500 – E 586
- Geschmacksverstärker: E 620 – E 650
- Süßstoffe und weitere Stoffe: E 950 – E 1521
Hersteller müssen in der Zutatenliste sowohl die Funktionsklasse als auch den Namen des Stoffes oder seine E-Nummer angeben. So steht beispielsweise „Antioxidationsmittel Ascorbinsäure“ oder alternativ „Antioxidationsmittel E 300“ auf der Verpackung.
Bio-Produkte haben eigene Regeln
Für die Herstellung von Bio-Lebensmitteln gelten strengere Vorschriften. Laut der EU-Öko-Verordnung sind hier lediglich 56 ausgewählte Zusatzstoffe erlaubt. Ein Blick auf die Zutatenliste ist aber auch bei Bio-Produkten ratsam, um zu sehen, welche Stoffe genau verwendet wurden.
Die Grenzen der Kennzeichnungspflicht
Obwohl die Vorschriften detailliert sind, gibt es Bereiche, in denen Verbraucher keine vollständigen Informationen erhalten. Diese Ausnahmen können vor allem für Menschen mit Allergien oder Unverträglichkeiten relevant sein.
Versteckte Stoffe im Endprodukt
Nicht jeder Stoff, der im Herstellungsprozess verwendet wird, muss am Ende auch deklariert werden. Sogenannte Verarbeitungshilfsstoffe werden während der Produktion eingesetzt, aber später wieder entfernt oder haben im fertigen Lebensmittel keine technologische Wirkung mehr. Ein klassisches Beispiel ist Gelatine, die verwendet wird, um Apfelsaft zu klären. Da sie vor der Abfüllung wieder herausgefiltert wird, muss sie nicht auf dem Etikett erscheinen.
Eine wichtige Ausnahme gilt jedoch: Wenn ein Verarbeitungshilfsstoff zu den 14 Hauptallergenen gehört (wie beispielsweise Sulfit in Wein), muss er als Allergen gekennzeichnet werden.
Auch Zusatzstoffe, die über eine Zutat in ein Produkt gelangen, müssen nicht immer angegeben werden. Wenn beispielsweise Salz als Zutat verwendet wird, das selbst die Rieselhilfe Siliciumdioxid (E 551) enthält, muss E 551 in der Zutatenliste des Endprodukts nicht aufgeführt werden.
Ausnahmen bei loser Ware und kleinen Verpackungen
Beim Einkauf an der Bäckertheke, im Restaurant oder auf dem Markt ist die Kennzeichnung oft stark vereinfacht. Hier reicht ein Schild oder Aushang mit allgemeinen Hinweisen wie „mit Farbstoff“ oder „mit Konservierungsstoff“. Welcher spezifische Stoff verwendet wurde, erfährt der Kunde nicht ohne Nachfrage.
Eine weitere Ausnahme betrifft Kleinstverpackungen, deren größte Oberfläche weniger als 10 Quadratzentimeter misst. Dazu gehören etwa einzelne Kaugummis oder kleine Zuckerfiguren. Hier ist eine Zutatenliste nicht vorgeschrieben.
Titandioxid: Ein Beispiel für Neubewertung
Die Zulassung von Zusatzstoffen ist nicht in Stein gemeißelt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet die Sicherheit kontinuierlich neu. Ein prominentes Beispiel ist Titandioxid (E 171), ein weißes Farbpigment. Im Mai 2021 kam die EFSA zu dem Schluss, dass eine erbgutschädigende Wirkung nicht ausgeschlossen werden kann. Seit August 2022 ist der Stoff daher in Lebensmitteln EU-weit verboten.
Besondere Warnhinweise für bestimmte Stoffe
Für einige Zusatzstoffe hält der Gesetzgeber eine einfache Nennung in der Zutatenliste nicht für ausreichend. Hier sind zusätzliche, klar formulierte Hinweise auf der Verpackung erforderlich, um Verbraucher auf mögliche Wirkungen aufmerksam zu machen.
„Die Sicherheit und gesundheitliche Unbedenklichkeit von Zusatzstoffen wird von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet. Kommen neue wissenschaftliche Bedenken auf, kann die EFSA die Sicherheit neu bewerten und eine Zulassung entzogen werden.“
Zu den wichtigsten vorgeschriebenen Hinweisen gehören:
- „kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen“: Dieser Warnhinweis ist für bestimmte künstliche Farbstoffe, die sogenannten Azofarbstoffe (z.B. E 102, E 122), Pflicht. Sie stehen im Verdacht, bei manchen Kindern Hyperaktivität zu fördern.
- „kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“: Dieser Hinweis findet sich auf Produkten, die mehr als 10 % Zuckeraustauschstoffe (z.B. Sorbit, Xylit) enthalten.
- „enthält eine Phenylalaninquelle“: Dies ist ein wichtiger Warnhinweis für Menschen mit der Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie (PKU) und muss auf allen Lebensmitteln stehen, die den Süßstoff Aspartam (E 951) enthalten.
- „mit Süßungsmittel(n)“: Ein allgemeiner Hinweis, wenn Süßstoffe oder Zuckeraustauschstoffe verwendet werden.
- „geschwärzt“: Dieser Vermerk ist bei Oliven erforderlich, die mit Eisenverbindungen (E 579, E 585) gefärbt wurden, um eine gleichmäßige schwarze Farbe zu erzielen.
Auch Hinweise wie „gewachst“ bei Obst, „mit Phosphat“ bei Brühwurst oder „mit Konservierungsstoff“ gehören zu den verpflichtenden Angaben, die Verbrauchern eine bewusste Kaufentscheidung ermöglichen sollen. Sie zeigen, dass das System der Lebensmittelkennzeichnung ein komplexes Regelwerk ist, das sowohl Schutz bietet als auch Aufmerksamkeit erfordert.





