Verbraucher in Deutschland und Europa sehen sich einer wachsenden Zahl von Produktrückrufen und Warnungen gegenüber, insbesondere bei Nahrungsergänzungsmitteln. Immer wieder werden Produkte vom Markt genommen, weil sie unerlaubte Substanzen, gefährliche Kontaminationen oder falsche Deklarationen aufweisen. Diese Mängel können erhebliche Gesundheitsrisiken bergen und reichen von Magen-Darm-Problemen bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen.
Wichtige Punkte
- Zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel enthalten nicht deklarierte oder verbotene Substanzen.
- Produkte zur Gewichtsreduktion und Potenzsteigerung sind besonders oft betroffen.
- Gefährliche Inhaltsstoffe reichen von Sibutramin und Sildenafil bis zu giftigem Gelbem Oleander.
- Falsche Kennzeichnungen, wie etwa bei Allergenen, stellen ein Risiko dar.
- Bei Verdacht oder gesundheitlichen Problemen sollten Verbraucher umgehend handeln.
Verbotene Substanzen in Nahrungsergänzungsmitteln
Die Liste der Produkte, die unerlaubte oder gefährliche Inhaltsstoffe enthalten, ist lang und wächst stetig. Besonders häufig sind Nahrungsergänzungsmittel betroffen, die zur Gewichtsreduktion oder zur Potenzsteigerung beworben werden. Diese Mittel versprechen oft schnelle Erfolge, enthalten aber nicht selten Substanzen, die in der EU nicht zugelassen sind oder gar verschreibungspflichtig wären.
Ein wiederkehrendes Problem ist der Nachweis von Sibutramin. Dieser Appetitzügler wurde wegen schwerwiegender Nebenwirkungen, wie einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall, vom Markt genommen. Trotzdem taucht er immer wieder in vermeintlich "rein pflanzlichen" Schlankheitsmitteln auf. Produkte wie "Starvex - Slim with Nature" oder "Trex Tea" wurden wegen Sibutramin zurückgerufen. Auch "LipoFit Turbo" enthielt Sibutramin zusammen mit Metformin, Fluoxetin und Furosemid, die ebenfalls nicht deklariert waren.
"Sibutramin ist ein illegales / gesundheitsschädliches Arzneimittel. Es verursacht gravierende Nebenwirkungen wie ein erhöhtes Herzinfarktrisiko für Herz-Kreislauf-Patienten, Blutdruckerhöhung, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit. Teilweise sind Todesfälle aufgetreten."
Potenzmittel mit versteckten Arzneistoffen
Auch bei Produkten zur Potenzsteigerung ist Vorsicht geboten. Viele dieser Mittel, die oft als "natürliche" oder "pflanzliche" Aphrodisiaka beworben werden, enthalten nicht deklarierte verschreibungspflichtige Arzneistoffe wie Sildenafil und Tadalafil. Diese Wirkstoffe, bekannt aus Medikamenten gegen Erektionsstörungen, können bei unsachgemäßer Anwendung oder in Kombination mit anderen Medikamenten lebensgefährlich sein. Besonders gefährdet sind Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck oder Diabetes.
Faktencheck
- Sibutramin: Ein Appetitzügler, der wegen kardiovaskulärer Risiken vom Markt genommen wurde.
- Sildenafil/Tadalafil: Wirkstoffe gegen Erektionsstörungen, verschreibungspflichtig und gefährlich ohne ärztliche Aufsicht.
- Danthron: Ein genotoxischer und potenziell krebserregender Stoff, gefunden in bestimmten Tees.
- Pyrrolizidinalkaloide: Lebertoxische und krebserregende Substanzen, oft in Blütenpollen und Kräutertees.
- Gelber Oleander: Hochgiftige Pflanze, die fälschlicherweise als "Tejocote Root" verkauft wird.
Produkte wie "Black Horse-Vital Honey Sticks", "Wonderful Honey" oder "Bio Herbs Coffee" wurden wegen des Nachweises dieser Substanzen zurückgerufen. Das Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz warnte sogar vor "Laxpel Chocolate", einer Trinkschokolade aus der Türkei, die Sildenafil und Tadalafil in gefährlich hohen Dosen enthielt.
Verunreinigungen und Falschdeklarationen
Neben illegalen Beimischungen stellen auch Verunreinigungen und falsche Deklarationen ein erhebliches Problem dar. Diese können allergische Reaktionen auslösen oder langfristige Gesundheitsschäden verursachen.
Giftige Pflanzenstoffe und Schwermetalle
Ein besorgniserregender Trend ist der Verkauf von Produkten, die statt beworbener harmloser Pflanzenstoffe hochgiftige Substanzen enthalten. Mehrere Rückrufe betrafen Supplemente, die angeblich Mexikanischen Weißdorn (Tejocote Root) enthalten sollten, tatsächlich aber Gelben Oleander (Cascabela thevetia) enthielten. Diese Pflanze kann neurologische, gastrointestinale und kardiovaskuläre Schäden verursachen, die tödlich enden können. Symptome reichen von Übelkeit und Erbrechen bis zu Herzrhythmusstörungen.
Hintergrund: Warum Rückrufe?
Rückrufe erfolgen, wenn Produkte eine Gefahr für die Gesundheit darstellen. Dies kann durch folgende Faktoren verursacht werden:
- Kontamination: Bakterien (Salmonellen, E. coli), Schimmelpilze, Pestizide oder Fremdkörper (Metall, Plastik).
- Unerlaubte Substanzen: Beimischung von Arzneistoffen, verbotenen Appetitzüglern oder Dopingmitteln.
- Überdosierung: Zu hohe Konzentrationen von Vitaminen, Mineralien oder anderen Inhaltsstoffen.
- Falsche Deklaration: Nicht angegebene Allergene oder irreführende Angaben zu Inhaltsstoffen.
- Giftige Inhaltsstoffe: Verwendung von Pflanzen oder Chemikalien, die gesundheitsschädlich sind.
Auch Blütenpollen-Produkte der Marken Herbapol oder Bartnik wurden wegen zu hoher Gehalte an Pyrrolizidinalkaloiden zurückgerufen. Diese Substanzen sind lebertoxisch und potenziell krebserregend. Ebenso wurde der Kräutertee "Selen-Form&Purifying" wegen des Nachweises von Danthron, einem genotoxischen und möglicherweise krebserregenden Anthrachinon, vom Markt genommen.
In anderen Fällen wurden erhöhte Gehalte an Schwermetallen wie Blei und Arsen in Kräuterpulvern gefunden, was zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen kann.
Spezielle Risiken: Koffein, Vitamin D und Muscimol
Neben den bereits genannten Gefahren gibt es weitere Produkte, die besondere Risiken bergen:
- Hochkonzentriertes Koffein-Pulver: Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt eindringlich vor Koffein-Pulver, das als Nahrungsergänzungsmittel, insbesondere für Sportler, angeboten wird. Bereits geringe Mengen können zu schweren Vergiftungen führen. Eine Einzeldosis von 0,2 Gramm (etwa eine Messerspitze) kann die empfohlene Höchstmenge für gesunde Erwachsene bereits überschreiten. Fünf Gramm können lebensgefährlich sein.
- Vitamin D in hohen Dosen: Auch bei Vitamin D ist Vorsicht geboten. Hohe Einzeldosen über Nahrungsergänzungsmittel können gesundheitliche Risiken bergen, darunter Kopfschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit und im schlimmsten Fall Nierenverkalkung. Ein Baby-Vitamin-D3-Produkt von Nordic Natural wurde wegen einer zu hohen Dosis zurückgerufen.
- Muscimol-haltige Fruchtgummis: Eine besonders perfide Gefahr stellen Fruchtgummis dar, die das berauschende Fliegenpilzgift Muscimol enthalten. Diese Produkte, oft in Online-Shops oder Automaten erhältlich, werden missbräuchlich zu Rauschzwecken konsumiert, können aber Bewusstseinseintrübungen bis hin zum Koma verursachen. Eine besondere Gefahr besteht für Kinder, die diese Produkte mit normalen Süßigkeiten verwechseln könnten. Mehrere Marken, darunter "I Love Pot - Muscimol Duftgummy" und "Euphoria Magic Muscimol Gummies", wurden bereits zurückgerufen.
Allergene und physische Gefahren
Nicht nur chemische Verunreinigungen, sondern auch physische Gefahren oder falsch deklarierte Allergene führen zu Rückrufen:
- Allergene: Produkte wie das ESN Designer Vegan Protein wurden zurückgerufen, weil Soja als Zutat nicht deklariert war, was für Allergiker ein ernstes Risiko darstellt. Auch der Grünlippmuschel-Komplex der Firma Mattisson enthielt einen nicht deklarierten Fischallergen.
- Fremdkörper: Das Proteinpulver Whey Schoko von Decathlon wurde wegen möglicher Metallstücke zurückgerufen, die zu Verletzungen oder Erstickung führen können. Auch beim Orthomol Sport Protein gab es das Risiko zerbrochener Dosierlöffel.
- Verpackungsmängel: Das Nahrungsergänzungsmittel Berocca Energie Gommes von Bayer Health Care wurde zurückgerufen, weil bei Lagerung über 25 °C die Dichtung unter dem Flaschenverschluss aufquellen und die Flasche beim Öffnen plötzlich aufspringen konnte, was zu Verletzungen führen könnte.
Illegale Arzneimittel und Betrug
Ein weiteres großes Problem sind illegale Arzneimittel und Betrugsmaschen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und Swissmedic warnen vor einer Zunahme illegaler Arzneimittel im Internet, insbesondere Nachahmerprodukte von GLP-1-Rezeptoragonisten (z.B. Ozempic, Wegovy) zur Behandlung von Übergewicht und Diabetes. Diese gefälschten Produkte erfüllen oft nicht die Qualitäts- und Sicherheitsstandards und stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar.
Auch Betrug mit Fake-Werbung für Nahrungsergänzungsmittel nimmt zu. Produkte wie "Cardio Balance" oder "Keto Diet Food Supplement" werden mit angeblichen Empfehlungen von Prominenten oder fiktiven Instituten beworben. Die Verbraucherzentrale NRW warnt eindringlich vor solchen Maschen, da die beworbenen Produkte oft nicht nur unwirksam, sondern auch gefährlich sind und keinerlei behördliche Prüfung durchlaufen haben.
Was tun bei betroffenen Produkten?
Wenn Sie ein Produkt besitzen, das von einem Rückruf oder einer Warnung betroffen ist, sollten Sie es nicht mehr konsumieren. Bringen Sie es stattdessen zur Verkaufsstelle zurück, um eine Erstattung zu erhalten, auch ohne Kassenbon. Bei bereits aufgetretenen Symptomen oder gesundheitlichen Problemen nach dem Verzehr eines Produkts suchen Sie umgehend ärztlichen Rat und informieren Sie die örtliche Lebensmittelüberwachungsbehörde. Ihre Gesundheit sollte immer höchste Priorität haben.





