Gesetzlich Versicherte in Deutschland müssen zu verschiedenen Leistungen ihrer Krankenkasse Zuzahlungen leisten. Diese Regelung betrifft alle Versicherten ab 18 Jahren. Doch es gibt eine wichtige Grenze: die sogenannte Belastungsgrenze. Wer diese erreicht, kann sich für den Rest des Kalenderjahres von weiteren Zuzahlungen befreien lassen oder erhält zu viel gezahlte Beträge zurück.
Das System soll sicherstellen, dass Patientinnen und Patienten durch hohe Gesundheitskosten nicht übermäßig finanziell belastet werden. Es ist entscheidend, die eigenen Ausgaben im Blick zu behalten und die Möglichkeiten zur Befreiung zu kennen.
Wichtige Punkte
- Die Belastungsgrenze liegt bei 2 Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens.
- Für chronisch Kranke reduziert sich die Grenze auf 1 Prozent des Bruttoeinkommens.
- Familien und Kinder werden bei der Berechnung der Belastungsgrenze berücksichtigt.
- Ein Antrag auf Befreiung muss aktiv bei der Krankenkasse gestellt werden.
- Alle Belege über Zuzahlungen müssen gesammelt und eingereicht werden.
Wie die Belastungsgrenze berechnet wird
Die persönliche Belastungsgrenze ist ein zentrales Element im deutschen Gesundheitssystem, um Versicherte vor zu hohen Zuzahlungen zu schützen. Sie orientiert sich maßgeblich am jährlichen Bruttoeinkommen aller im Haushalt lebenden Personen. Für die meisten Versicherten beträgt diese Grenze 2 Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt.
Eine besondere Regelung gilt für chronisch Kranke: Hier reduziert sich die Belastungsgrenze auf 1 Prozent der Bruttoeinnahmen. Dies berücksichtigt den oft höheren Behandlungsbedarf und die damit verbundenen Kosten dieser Patientengruppe.
Fakten zur Belastungsgrenze 2024
- Reguläre Grenze: 2% des Bruttoeinkommens
- Grenze für chronisch Kranke: 1% des Bruttoeinkommens
- Freibetrag für Ehegatten/eingetragene Lebenspartner: 6.363 Euro
- Freibetrag pro Kind: 9.312 Euro
Einkommen zum Lebensunterhalt
Die „Einnahmen zum Lebensunterhalt“ umfassen die Bruttoeinnahmen der versicherten Person sowie die Bruttoeinnahmen der Angehörigen, die im gemeinsamen Haushalt leben. Nicht verheiratete Paare werden bei dieser Berechnung getrennt betrachtet. Die individuelle Belastungsgrenze wird jedes Jahr neu ermittelt.
Zu den angerechneten Einnahmen zählen beispielsweise Arbeitseinkommen, Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, Arbeitslosengeld, Krankengeld und Renteneinkünfte. Auch Mieteinnahmen sowie Kapital- und Zinseinkünfte fließen in die Berechnung ein.
Nicht angerechnete Einkommen
Bestimmte Einnahmen werden nicht zur Berechnung der Belastungsgrenze herangezogen. Dazu gehören Pflegegeld, Eingliederungshilfe für behinderte Personen, Kindergeld, Kinderzulage, Wohngeld und Elterngeld bis zu 300 Euro. Diese Ausnahmen sollen sicherstellen, dass soziale Leistungen und spezifische Unterstützungen nicht zu einer höheren Zuzahlungspflicht führen.
Wer als chronisch krank gilt
Die Definition der chronischen Krankheit ist entscheidend für die Anwendung der 1-Prozent-Belastungsgrenze. Eine Person gilt als chronisch krank, wenn sie ein Jahr oder länger mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt wurde, beispielsweise bei einer Diabetesbehandlung mit regelmäßigen Blutzuckeruntersuchungen.
Zusätzlich muss mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt sein:
- Es liegt eine Pflegebedürftigkeit des Pflegegrades 3, 4 oder 5 vor.
- Die Person hat aufgrund der Erkrankung einen Grad der Behinderung von mindestens 60 Prozent oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 60 Prozent.
- Es besteht die Notwendigkeit einer kontinuierlichen medizinischen Versorgung, etwa durch Arzneimitteltherapie oder die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln. Ohne diese Therapie würde sich der Gesundheitszustand verschlimmern.
Zum Nachweis der chronischen Krankheit muss der Krankenkasse eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt werden. Diese muss die Krankheit angeben und dem Patienten oder der Patientin therapiegerechtes Verhalten bestätigen. Bei Behinderung oder Pflegebedürftigkeit sind Kopien der entsprechenden Bescheide einzureichen.
Beispiele zur Berechnung der Belastungsgrenze 2024
Die Berechnung der Belastungsgrenze kann komplex sein, da Freibeträge und Familiensituationen berücksichtigt werden. Hier sind einige Beispiele für das Jahr 2024, um die Anwendung zu verdeutlichen:
Beispiel 1: Familie mit zwei Kindern
- Jahresbruttoeinkommen Ehemann: 30.000 Euro
- Jahresbruttoeinkommen Ehefrau: 25.000 Euro
- Gesamtes Jahresbruttoeinkommen: 55.000 Euro
Von diesem Gesamteinkommen werden Freibeträge abgezogen:
- Freibetrag für Ehegatten: 6.363 Euro
- Freibetrag für zwei Kinder (jeweils 9.312 Euro): 18.624 Euro
- Gesamte Freibeträge: 24.987 Euro
Das zu berücksichtigende Familieneinkommen beträgt somit: 55.000 Euro – 24.987 Euro = 30.013 Euro.
Die Belastungsgrenzen für diese Familie sind:
- Bei 2 Prozent (regulär): Zuzahlungen bis zu 600,26 Euro.
- Bei 1 Prozent (chronisch krank): Zuzahlungen bis zu 300,13 Euro.
Beispiel 2: Alleinstehender Rentner/Rentnerin
- Jahresbruttoeinkommen: 14.400 Euro
- Hier sind keine Freibeträge abziehbar.
Die Belastungsgrenzen für diese Person sind:
- Bei 2 Prozent (regulär): Zuzahlungen bis zu 288 Euro.
- Bei 1 Prozent (chronisch krank): Zuzahlungen bis zu 144 Euro.
„Die individuellen Freibeträge für Ehepartner und Kinder sind entscheidend, um die tatsächliche finanzielle Belastung einer Familie korrekt abzubilden. Sie sorgen dafür, dass die Zuzahlungspflicht fair bleibt.“
Besondere Regelungen für Sozialhilfeempfänger
Für Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe), Bürgergeld und Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung gibt es eine vereinfachte Berechnung. Hier wird ein pauschales Bruttoeinkommen von 6.756 Euro für die gesamte Bedarfsgemeinschaft zugrunde gelegt. Dieser Betrag ergibt sich aus dem Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 (563 Euro monatlich) multipliziert mit zwölf Monaten.
Daraus ergeben sich für 2024 folgende jährliche Belastungsgrenzen:
- Reguläre Belastungsgrenze: 135,12 Euro.
- Belastungsgrenze für chronisch Kranke: 67,56 Euro.
Antrag auf Zuzahlungsbefreiung stellen
Sobald die persönliche Belastungsgrenze innerhalb eines Kalenderjahres erreicht ist, kann bei der Krankenkasse eine Befreiungsbescheinigung beantragt werden. Es ist wichtig zu wissen, dass die Krankenkasse Versicherte nicht automatisch über das Erreichen der Grenze informiert. Daher ist Eigeninitiative gefragt.
Sammeln Sie alle Quittungen über geleistete Zuzahlungen für Medikamente, Therapien, Hilfsmittel und Krankenhausaufenthalte. Eine Stammapotheke kann oft eine jährliche Zusammenstellung der Medikamentenzuzahlungen ausdrucken. Der Antrag muss zusammen mit den Original-Quittungen und Kopien der Einkommensnachweise (z.B. Gehaltsbescheinigung) bei der Krankenkasse eingereicht werden.
Wichtige Hinweise zum Antrag
- Das Antragsformular ist oft online auf der Webseite der Krankenkasse verfügbar oder telefonisch anforderbar.
- Manche Krankenkassen bieten einen Online-Zuzahlungsrechner an, um die Belastungsgrenze vorab zu prüfen.
- Berücksichtigt werden nur gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlungen für die Krankenversicherung.
- Nicht dazu zählen Eigenanteile für Zahnersatz, Präventionskurse oder Mehrkosten für bestimmte Arzneimittel oder Zahnfüllungen.
Wird der Antrag bewilligt, erhalten Versicherte einen Befreiungsbescheid und oft auch einen Befreiungsausweis. Für den Rest des Jahres müssen dann keine weiteren Zuzahlungen geleistet werden. Bereits zu viel gezahlte Beträge werden erstattet.
Die Zuzahlungsbefreiung gilt stets nur für ein Kalenderjahr und muss daher jedes Jahr neu beantragt werden. Eine frühzeitige Antragstellung sichert die Befreiung für das gesamte Restjahr.
Vorauszahlung des individuellen Höchstbetrages
Wer bereits zu Beginn eines neuen Kalenderjahres weiß, dass die Belastungsgrenze überschritten wird, kann den individuellen Höchstbetrag im Voraus in einer Summe an die Krankenkasse überweisen. Dies ermöglicht eine sofortige Befreiung von Zuzahlungen für das gesamte Jahr.
Allerdings gibt es hier einen wichtigen Punkt zu beachten: Sollten die tatsächlichen Zuzahlungen im Laufe des Jahres geringer ausfallen als der vorausgezahlte Betrag, erfolgt keine Rückerstattung des zu viel gezahlten Betrages, auch nicht anteilig. Diese Option ist daher besonders für Personen mit sehr hohen und absehbaren Gesundheitskosten interessant.





