Die deutsche Automobilindustrie befindet sich in einer tiefgreifenden Krise. Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen einen massiven Stellenabbau. Innerhalb eines Jahres verloren fast 50.000 Menschen ihren Arbeitsplatz in dieser Schlüsselbranche. Dies entspricht einem Rückgang von 6,3 Prozent und ist der höchste in allen großen Industriezweigen.
Der Nutzfahrzeughersteller MAN kündigte zudem den Abbau von 2300 Stellen in Deutschland an. Davon sind die Standorte München, Salzgitter und Nürnberg betroffen. Diese Entwicklung unterstreicht den anhaltenden Druck auf die gesamte deutsche Industrie.
Wichtige Erkenntnisse
- Die deutsche Autoindustrie verlor in einem Jahr 48.700 Arbeitsplätze.
- MAN plant den Abbau von 2300 Stellen in Deutschland.
- Die Beschäftigung in der Autoindustrie ist auf dem tiefsten Stand seit 2011.
- Hohe Energiekosten, US-Zölle und asiatische Konkurrenz belasten die Branche.
- Auch andere Industriezweige wie der Maschinenbau sind stark betroffen.
Massiver Stellenabbau bei MAN
Der Lkw- und Bushersteller MAN hat Pläne für einen erheblichen Stellenabbau in Deutschland vorgestellt. Bis zu 2300 Arbeitsplätze sollen in den nächsten zehn Jahren wegfallen. Der Hauptstandort München ist mit 1300 betroffenen Stellen am stärksten betroffen, gefolgt von Salzgitter mit 600 und Nürnberg mit 400 Stellen.
Die IG Metall äußert sich kritisch zu diesen Plänen. Sie befürchtet sogar noch höhere Zahlen und sieht langfristig die Existenz wichtiger Standorte gefährdet. Gewerkschaftsvertreter rechnen mit einem Verlust von bis zu 2000 Arbeitsplätzen in München und 500 in Nürnberg.
„Diese Pläne gefährden auf lange Sicht die Existenz des Münchner Stammwerks“, sagt Sybille Wankel von der IG Metall.
Faktencheck
- 1300 Jobs sollen in München bei MAN wegfallen.
- 600 Jobs sind in Salzgitter betroffen.
- 400 Jobs werden in Nürnberg gestrichen.
Gründe für die Sparmaßnahmen
MAN begründet die Maßnahmen mit der Notwendigkeit, sich an den schwächelnden Truck-Markt in Deutschland anzupassen. Zudem müssen die Kostenpositionen verbessert werden. Hohe Strom- und Arbeitskosten sowie der steigende Druck durch asiatische Wettbewerber belasten das Unternehmen erheblich. Ein Sprecher betonte, der Stellenabbau solle "absolut sozialverträglich" erfolgen, Kündigungen sind nicht geplant.
Die Krise der Automobilindustrie
Die gesamte deutsche Automobilindustrie leidet unter anhaltendem Druck. Ende des dritten Quartals arbeiteten 721.400 Menschen in diesem Sektor. Das ist der niedrigste Stand seit Mitte 2011. Die Gründe sind vielfältig und komplex.
Erhöhte US-Zölle und eine globale Absatzflaute wirken sich negativ aus. Besonders die chinesische Konkurrenz im Bereich der Elektrofahrzeuge stellt eine große Herausforderung dar. Zuletzt kamen noch Lieferengpässe bei Chips des niederländischen Herstellers Nexperia hinzu, die die Produktion zusätzlich erschwerten.
Hintergrund: Globale Herausforderungen
Die deutsche Autoindustrie ist stark exportorientiert. Globale Handelskonflikte, wie die US-Zölle, treffen sie daher besonders hart. Der Wandel hin zur Elektromobilität erfordert zudem hohe Investitionen, während gleichzeitig neue Wettbewerber aus Asien auf den Markt drängen.
Zulieferer sind noch stärker betroffen
Laut Statistikern sind die Autozulieferer vom Jobabbau noch stärker betroffen als die Fahrzeughersteller selbst. Dies liegt daran, dass sie oft direkt von den Produktionskürzungen der großen Hersteller abhängig sind. Eine schnelle Besserung ist nicht in Sicht, da viele Unternehmen bereits langfristige Jobabbauprogramme angekündigt haben.
Zu diesen Unternehmen gehören Branchengrößen wie Bosch, ZF Friedrichshafen, Mercedes und auch Volkswagen, zu dessen Konzern MAN gehört. Der Druck auf die gesamte Lieferkette bleibt damit hoch.
Weitere Industriezweige im Abschwung
Der Stellenabbau beschränkt sich nicht nur auf die Automobilbranche. Die gesamte deutsche Industrie verzeichnete zum Ende des dritten Quartals 2024 einen Rückgang der Beschäftigung um 2,2 Prozent. Das sind 120.300 Arbeitsplätze, die innerhalb eines Jahres verloren gingen. Insgesamt waren noch rund 5,43 Millionen Menschen in der deutschen Industrie beschäftigt.
Industrie-Arbeitsplätze im Überblick
- Gesamte Industrie: -2,2 % (120.300 Jobs)
- Maschinenbau: -2,2 % (auf 934.200 Beschäftigte)
- Chemie: -1,2 % (auf 323.600 Beschäftigte)
- Metallerzeugung und -bearbeitung: -5,4 %
- Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten: -3,0 %
Maschinenbau und Chemie leiden ebenfalls
Der Maschinenbau, der größte Industriezweig Deutschlands nach Mitarbeiterzahl, verzeichnete einen Rückgang von 2,2 Prozent auf rund 934.200 Beschäftigte. Auch die Chemiebranche und die Herstellung von elektrischer Ausrüstung sind betroffen, wenn auch mit geringeren Rückgängen von 1,2 Prozent bzw. 0,4 Prozent.
Besonders stark war der Stellenabbau in der Metallerzeugung und -bearbeitung mit minus 5,4 Prozent. Die Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen verzeichnete einen Rückgang von 3,0 Prozent. Die einzige große Industriebranche mit Wachstum war die Nahrungsmittelindustrie mit einem Plus von 1,8 Prozent auf 510.500 Menschen.
„Die Daten zeigen, wo die Krisenherde in der deutschen Industrie liegen“, erklärte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK).
Forderung nach ganzheitlicher Industriepolitik
Angesichts der aktuellen Entwicklungen fordern Experten eine umfassende Industriepolitik. Ökonom Sebastian Dullien betont, dass Deutschland angesichts der aggressiven Wirtschaftspolitik der USA und Chinas handeln muss. Beide Großmächte fördern gezielt ihre heimische Produktion, was zulasten der deutschen Industrie geht.
Dullien schlägt vor, dass Deutschland die EU dazu anregen sollte, eigene Schlüsselbranchen zu definieren. Der Binnenmarkt könnte dann genutzt werden, um die europäische Produktion in diesen Bereichen zu stärken. Dies wäre ein wichtiger Schritt, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Industrie langfristig zu sichern.
Die Rettung eines Großteils der Arbeitsplätze in der Industrie ist laut Dullien noch möglich. Dafür sind jedoch entschlossene politische Maßnahmen erforderlich, um den negativen Trends entgegenzuwirken und die deutsche Wirtschaft zukunftsfähig aufzustellen.





