Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass der Jodgehalt in Algenprodukten stark variiert. Einige Produkte enthalten Mengen, die bei normalem Verzehr gesundheitlich bedenklich sein können. Verbraucherzentralen fordern daher strengere Kennzeichnungspflichten und gesetzliche Höchstmengen, um die Sicherheit der Konsumenten zu gewährleisten.
Wichtige Erkenntnisse
- Jodgehalte in Algenprodukten reichen von sehr gering bis gesundheitlich bedenklich.
- Acht von 19 getesteten Produkten überschritten den Richtwert für Warnhinweise.
- Oft fehlten Angaben zu Jodgehalt und maximaler Verzehrmenge.
- Schon kleine Portionen können die empfohlene Tagesdosis erheblich überschreiten.
- Verbraucherzentralen fordern Pflichtangaben und Höchstmengen.
Algen als Nahrungsmittel: Chance und Risiko
Algen gewinnen als nährstoffreiche Zutat in der modernen Küche zunehmend an Bedeutung. Sie finden sich in traditionellen asiatischen Gerichten ebenso wie in innovativen veganen Produkten. Besonders Meeresalgen sind bekannt für ihre Fähigkeit, große Mengen Jod anzureichern. Dies bietet einerseits Potenzial zur Verbesserung der Jodversorgung, birgt andererseits aber auch das Risiko einer übermäßigen Aufnahme.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Jugendliche und Erwachsene eine tägliche Jodzufuhr von 150 Mikrogramm. Eine dauerhaft hohe Jodaufnahme, die 600 Mikrogramm pro Tag überschreitet, kann jedoch die Schilddrüse belasten und zu gesundheitlichen Problemen führen.
Hintergrund: Jod und die Schilddrüse
Jod ist ein essenzielles Spurenelement, das für die Produktion von Schilddrüsenhormonen unerlässlich ist. Diese Hormone steuern zahlreiche Stoffwechselprozesse im Körper. Sowohl ein Mangel als auch ein Überschuss an Jod kann die Funktion der Schilddrüse stören und zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen. In Deutschland ist die Jodversorgung in weiten Teilen der Bevölkerung unzureichend, doch eine unkontrollierte hohe Zufuhr ist ebenfalls problematisch.
Marktcheck Algenprodukte: Alarmierende Ergebnisse
Die Verbraucherzentralen haben 19 algenhaltige Produkte, darunter Salate, Snacks, Nudeln und vegane Fischersatzprodukte, auf ihren Jodgehalt hin untersucht. Die Ergebnisse zeigen eine enorme Bandbreite: Die Jodgehalte lagen zwischen weniger als 10 Mikrogramm und 8.720 Mikrogramm pro 100 Gramm Lebensmittel.
Acht der 19 getesteten Produkte überschritten den Richtwert von 2.000 Mikrogramm Jod pro 100 Gramm Trockenmasse. Ab diesem Wert empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) dringend Warnhinweise, genaue Jodgehaltsangaben und Verzehrempfehlungen. Erschreckenderweise trug keines dieser Produkte alle empfohlenen Angaben.
Produkte mit vernachlässigbarem Jodgehalt
Zwei Produkte konnten trotz der Zutat Meeresalgen keinen nennenswerten Beitrag zur Jodversorgung leisten. Eine vegane Alternative zu Schillerlocken enthielt Jod unterhalb der Bestimmungsgrenze. Auch ein untersuchter Grüntee mit Wakame lieferte pro 100 Milliliter lediglich 11 Mikrogramm Jod. Diese Produkte stellen kein Risiko dar, tragen aber auch nicht zur Bedarfsdeckung bei.
Produkte mit mittlerem Jodgehalt: Vorsicht ist geboten
Die Mehrheit der Produkte – 14 von 19 – kann einen Beitrag zur Jodversorgung leisten. Bei Algensnacks oder Gewürzen, die nur in kleinen Mengen verzehrt werden, ist das Risiko einer Überversorgung gering. Anders verhält es sich bei Produkten wie Salaten aus Wakame-Alge oder veganen Thunfischalternativen, die in größeren Portionen gegessen werden.
Eine Dose veganer Thunfischersatz (140 g) oder eine Portion Wakame-Salat (150 g) lieferten etwa 200 bis 315 Mikrogramm Jod. Dies liegt bereits über der empfohlenen Tageszufuhr von 150 Mikrogramm.
Solche Produkte sollten nicht regelmäßig in großen Mengen konsumiert werden, um die dauerhaft tolerierbare Gesamtaufnahme von 600 Mikrogramm Jod aus allen Quellen nicht zu überschreiten. Die fehlende Kennzeichnung bei einem Drittel dieser Produkte macht eine sichere Einschätzung für Verbraucher schwierig.
Wussten Sie schon?
Im Jahr 2023 zeigten laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) 75 von 82 untersuchten Algenproben Jodgehalte über 2.000 Mikrogramm pro 100 Gramm Trockenmasse. Trotzdem fehlte bei fast jeder siebten Probe die erforderliche Kennzeichnung.
Gefährlich hohe Jodmengen: Ein Gesundheitsrisiko
Besonders besorgniserregend sind drei Produkte, die bereits bei üblichen Verzehrmengen zu gesundheitlich bedenklich hohen Jodaufnahmen führen. Ein Rooibostee mit Kombu wurde von den Verbraucherzentralen als unsicher eingestuft. Schon etwa 50 Milliliter dieses Tees reichten aus, um die tägliche Höchstmenge von 600 Mikrogramm zu erreichen. Eine normale Tasse (150 ml) enthielt fast das Dreifache.
Bei diesem Tee fehlten jegliche Angaben zum Jodgehalt, zur Verzehrmenge oder Warnhinweise. Ähnlich problematisch waren zwei Algenpasta-Produkte. Auf einer Verpackung wurde ein falscher, viel zu niedriger Jodgehalt angegeben. Tatsächlich genügten bereits 12 Gramm dieser Algenpasta, um die tolerierbare tägliche Höchstmenge an Jod zu erreichen – eine für Pasta unrealistisch kleine Portion.
Diese Beispiele verdeutlichen, wie schwer es für Verbraucher ist, ohne korrekte und vollständige Kennzeichnung eine sichere Entscheidung zu treffen. Eine übliche Portion von 190 Gramm der extrem jodreichen Algenpasta würde beispielsweise 9.480 Mikrogramm Jod liefern – ein Vielfaches der maximal tolerierbaren Tagesdosis.
Forderungen der Verbraucherzentralen
Um Verbraucher besser zu schützen und eine sichere Entscheidungsgrundlage zu schaffen, fordern die Verbraucherzentralen klare Maßnahmen:
- Pflichtangabe des Jodgehalts in der Nährwertdeklaration bei allen Lebensmitteln mit Algen.
- Klare Empfehlungen zur maximalen Verzehrmenge auf der Verpackung.
- Eindeutige Warnhinweise bei Produkten mit hohen Jodgehalten.
- Angabe der verwendeten Algenart und ihres Anteils im Produkt.
- Einführung von gesetzlichen Höchstmengen für Jod in Algenprodukten.
- Hersteller müssen ihrer Sorgfaltspflicht bei Kennzeichnung und Kontrolle nachkommen.
Tipps für die Jodversorgung im Alltag
Verbraucher können selbst einiges tun, um eine ausgewogene Jodzufuhr sicherzustellen:
- Achten Sie auf die Angabe „Algen“ in der Zutatenliste. Besonders die Algenart Kombu ist bekannt für ihren hohen Jodgehalt.
- Berücksichtigen Sie immer Warnhinweise und Verzehrempfehlungen auf der Verpackung.
- Für eine ausreichende Jodversorgung eignen sich Seefisch und Meeresfrüchte sowie Milch und Milchprodukte.
- Verwenden Sie im Haushalt jodiertes Speisesalz.
- Bei Fertiglebensmitteln lohnt sich ein Blick in die Zutatenliste, um zu prüfen, ob Jodsalz verwendet wurde.
- Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen sollten vor dem Verzehr jodreicher Produkte ihren Arzt oder den Hersteller konsultieren.
Algenhaltige Lebensmittel können Teil einer ausgewogenen Ernährung sein, erfordern aber eine bewusste Auswahl und genaue Kenntnis der Inhaltsstoffe.





