Das GMP-Siegel steht für „Good Manufacturing Practice“ und soll hohe Standards in der Produktion garantieren. Während es bei Arzneimitteln streng reguliert ist, findet man es zunehmend auch auf Nahrungsergänzungsmitteln. Doch was bedeutet dieses Zeichen dort wirklich für Verbraucher in Deutschland und Europa? Eine genauere Betrachtung zeigt, dass die Aussagekraft des Siegels oft missverstanden wird.
Wichtige Erkenntnisse
- GMP ist primär ein Qualitätsstandard für Arzneimittelherstellung.
- Für Nahrungsergänzungsmittel in der EU sind HACCP-Konzepte gesetzlich vorgeschrieben.
- Das GMP-Zeichen auf Nahrungsergänzungsmitteln stammt oft aus den USA oder Asien und ist nicht EU-weit reguliert.
- Verbraucherzentralen warnen vor blindem Vertrauen in GMP-Siegel bei Nahrungsergänzungsmitteln.
- Eine freiwillige Orientierung am Europäischen Arzneibuch könnte die Qualität von Nahrungsergänzungsmitteln verbessern.
GMP: Ein Standard für Arzneimittel
Das Kürzel GMP steht für „Good Manufacturing Practice“, auf Deutsch „Gute Herstellungspraxis“. Es ist ein System, das sicherstellt, dass Produkte nach bestimmten Qualitätsstandards hergestellt und kontrolliert werden. Sein Hauptanwendungsbereich sind Arzneimittel. Hier sorgt GMP dafür, dass Medikamente sauber, sicher und in gleichbleibender Qualität produziert werden.
Die Europäische Kommission hat detaillierte Richtlinien für die GMP bei Humanarzneimitteln festgelegt. Diese umfassen strenge Anforderungen an Produktionsabläufe und -umgebung. Arzneimittelbehörden in den Bundesländern überwachen die Einhaltung dieser Vorgaben. Verstöße können hohe Bußgelder und sogar den Entzug der Produktionslizenz nach sich ziehen. Es geht bei GMP also um den Herstellungsprozess, nicht um die Wirksamkeit eines Produkts.
Faktencheck GMP
- Bedeutung: Good Manufacturing Practice (Gute Herstellungspraxis)
- Hauptanwendung: Arzneimittelherstellung
- Zweck: Sicherstellung von Sauberkeit, Sicherheit und gleichbleibender Qualität im Herstellungsprozess.
- Regulierung: In der EU streng durch Arzneimittelbehörden überwacht.
Nahrungsergänzungsmittel: Andere Regeln in der EU
Im Gegensatz zu Arzneimitteln gelten für Nahrungsergänzungsmittel in der Europäischen Union andere gesetzliche Vorschriften. Sie werden als Lebensmittel eingestuft. Für die Herstellung von Lebensmitteln ist ein sogenanntes HACCP-Konzept gesetzlich vorgeschrieben. HACCP steht für „Hazard Analysis and Critical Control Points“.
Dieses Konzept ist ein Eigenkontrollsystem. Es hilft dabei, potenzielle Gefahren bei der Herstellung, Verarbeitung, Lagerung und dem Transport von Lebensmitteln zu erkennen und zu beherrschen. Ziel ist der Schutz der Verbraucher vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Dazu gehören beispielsweise die Identifizierung von Risiken wie einer unterbrochenen Kühlkette oder möglicher Verunreinigungen. Es werden Kontrollpunkte festgelegt und Maßnahmen zur Vermeidung von Problemen implementiert. Alle Kontrollen und Abläufe müssen dokumentiert und regelmäßig aktualisiert werden.
Ein spezielles Siegel für HACCP gibt es nicht, da es sich um eine gesetzliche Pflicht für alle Lebensmittelbetriebe handelt. Dies zeigt, dass die Qualitätssicherung bei Nahrungsergänzungsmitteln in der EU bereits durch umfassende Vorschriften gewährleistet sein sollte.
„Für Supplemente innerhalb der EU sind die vorgeschriebenen gesetzlichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung wichtiger als freiwillige, nicht-regulierte Siegel.“
Das GMP-Zeichen auf Nahrungsergänzungsmitteln: Eine globale Perspektive
Wenn das GMP-Zeichen auf Nahrungsergänzungsmitteln auftaucht, hat dies oft keinen direkten Bezug zu den europäischen Vorschriften. Vielmehr handelt es sich hierbei um Qualitätssicherungsmaßnahmen, die in anderen Regionen der Welt verbreitet sind. Dazu gehören Länder wie die USA, Kanada, China, Südkorea und die Staaten des ASEAN-Verbands (Verband Südostasiatischer Nationen).
Die Internationale Allianz der Nahrungsergänzungsmittelhersteller-Verbände hat einen „Global Guide to Good Manufacturing Practice for Supplements“ veröffentlicht. Dieser Leitfaden soll weltweit einheitliche Standards für die Qualität und Sicherheit von Nahrungsergänzungsmitteln gewährleisten. Es ist jedoch schwierig zu beurteilen, wie vertrauenswürdig ein solches GMP-Zeichen auf Nahrungsergänzungsmitteln ist, die auf dem europäischen Markt angeboten werden.
Hintergrund: Globale Standards vs. EU-Regulierung
Internationale Standards können hilfreich sein, um eine gewisse Basisqualität zu sichern. Allerdings können die genauen Anforderungen und die Überwachung der Einhaltung stark variieren. Was in einem Land als gute Herstellungspraxis gilt, muss nicht zwangsläufig den strengen europäischen Standards entsprechen.
Probleme mit importierten Produkten
Verbraucherzentralen haben in der Vergangenheit Produkte mit GMP-Siegel über das Internet bestellt, die trotzdem unzulässige Inhaltsstoffe enthielten. Dazu zählten verbotene pharmakologische Substanzen wie Sibutramin, Tadalafil und dopingrelevante Stoffe wie Methylhexanamin (DMAA). Ob es sich dabei um gefälschte Siegel handelte oder ob in den Herkunftsländern schlicht andere Richtlinien und Grenzwerte galten, blieb oft unklar.
Aus diesem Grund halten die Verbraucherzentralen das GMP-Zeichen für in Deutschland angebotene Nahrungsergänzungsmittel nicht unbedingt für vertrauenswürdig. Es sollte kein alleiniger Kaufgrund sein. Auch bei der Angabe „GMP certified“ ist es ratsam, genau nachzufragen, wer die Zertifizierung vorgenommen hat und welche Standards dabei zugrunde gelegt wurden. Grafiken mit entsprechenden Siegeln lassen sich im Internet leicht herunterladen, was die Fälschungsgefahr erhöht.
Qualitätssicherung in Deutschland: Über den Standard hinaus
Um die Qualität von Nahrungsergänzungsmitteln weiter zu verbessern, wird die Übernahme des Europäischen Arzneibuchs (Ph. Eur.) als Rahmen für Qualitäts- und Sicherheitskontrollen diskutiert. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ermutigt Lebensmittelunternehmer in der EU bereits, die Ph. Eur. bei der Bewertung von Inhaltsstoffen für Nahrungsergänzungsmittel heranzuziehen. Dies wäre ein Schritt, um die Standards an die von Arzneimitteln anzugleichen, ohne Nahrungsergänzungsmittel als Medikamente einzustufen.
Die im Deutschen Lebensmittelverband organisierten Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln haben sich auf einen Kodex ethischer Grundsätze geeinigt. Darin verpflichten sie sich:
- Europäische Gesetze einzuhalten.
- Sichere und qualitativ hochwertige Produkte anzubieten.
- Faire und ethische Geschäftspraktiken anzuwenden.
- Nachhaltigkeitsaspekte stärker in ihre Geschäftstätigkeit zu integrieren und zu fördern.
Diese freiwilligen Selbstverpflichtungen sind ein positiver Schritt. Verbraucher sollten hierbei jedoch genau hinschauen, um sogenanntes „Greenwashing“ zu erkennen. Die bloße Erwähnung von Nachhaltigkeit garantiert nicht immer eine tiefgreifende Veränderung der Praktiken. Transparenz und nachprüfbare Maßnahmen sind entscheidend.
Letztendlich bleibt festzuhalten, dass das GMP-Siegel auf Nahrungsergänzungsmitteln in Europa nicht die gleiche Aussagekraft und Regulierung hat wie bei Arzneimitteln. Verbraucher sollten sich auf die gesetzlich vorgeschriebenen Standards verlassen und bei zusätzlichen Siegeln kritisch bleiben.





