Holiday Robotics, ein südkoreanisches Startup, hat kürzlich seinen humanoiden Roboter namens Friday enthüllt. Dieser Roboter unterscheidet sich von vielen Konkurrenten, da er sich auf Rädern fortbewegt und vor allem auf präzise Handhabung setzt. Das Unternehmen argumentiert, dass der entscheidende Durchbruch in der Robotik von Geschicklichkeit und wirtschaftlicher Rentabilität abhängt, nicht von der Fähigkeit, auf zwei Beinen zu gehen.
Wichtige Erkenntnisse
- Friday ist ein 176 cm großer humanoider Roboter auf Rädern.
- Der Fokus liegt auf präzisen Händen und taktilen Sensoren, nicht auf Beinen.
- Die Räder ermöglichen längere Betriebszeiten und schnellere Markteinführung.
- Friday soll in der Industrie eingesetzt werden und kostet etwa 70.000 USD.
- Südkorea investiert stark in die Entwicklung humanoider Roboter.
Der pragmatische Ansatz: Hände statt Beine
Song Ki-young, Gründer von Holiday Robotics, betont, dass der Hauptengpass in der industriellen Automatisierung bei den Händen liegt. Er verweist darauf, dass chinesische Unternehmen gut im Gehen von Robotern sind, der wahre Wert in der Industrie jedoch von den Manipulationsfähigkeiten der Hände kommt. Friday wurde speziell dafür entwickelt, präzise zu greifen, zu drehen und zu fühlen.
Der Roboter ist 176 cm groß und wiegt 115 kg, wobei ein Großteil des Gewichts (66 kg) auf dem mobilen Unterbau liegt, um einen niedrigen Schwerpunkt und hohe Stabilität zu gewährleisten. Die Hände von Friday sind ein Kernstück seiner Entwicklung. Sie verfügen über 20 Freiheitsgrade und wiegen nur 500 Gramm pro Hand.
Faktencheck: Fridays Fähigkeiten
- Größe: 176 cm
- Gewicht: 115 kg (66 kg Basis)
- Hände: 20 Freiheitsgrade pro Hand, 500 g Gewicht
- Taktile Sensoren: Erkennen Kräfte ab 0,05 N (ca. 5 Gramm)
- Abtastrate: 1900 Hz für taktile Sensoren
- Traglast: 5 kg pro Arm, 20 kg proximal
Kosten und Präzision der Sensoren
Die taktilen Sensoren, die über die gesamte Handfläche und die Finger verteilt sind, können sehr leichte Kräfte erkennen. Diese hohe Empfindlichkeit ist entscheidend für die Handhabung empfindlicher oder unbekannter Objekte in Fabriken. Holiday Robotics hat ein kostengünstiges magnetisches Sensordesign auf Siliziumbasis entwickelt. Ein solcher Sensor kostet nur etwa 30.000 KRW, was ungefähr 21 USD entspricht.
„Chinesische Unternehmen sind sehr gut im Gehen“, erklärte Song Ki-young in einem Interview. „Aber in Industrieanlagen kommt der größte Wert von den Händen. Wir haben uns auf die Präzision von ‚Greifen, Drehen und Fühlen‘ konzentriert, anstatt auf das Gehen.“
Räder für Effizienz und kontinuierlichen Betrieb
Die Entscheidung für ein Fahrgestell mit Rädern ist ein wichtiger Aspekt von Fridays Design. Dies ermöglicht nicht nur eine Geschwindigkeit von bis zu 1,9 m/s, sondern auch einen 24/7-Dauerbetrieb. Dies wird durch im laufenden Betrieb austauschbare Batterien (Hot-Swappable-Batterien) erreicht. Viele zweibeinige humanoide Roboter haben Schwierigkeiten, mehr als eine Stunde Betriebszeit zu erreichen, was in industriellen Umgebungen ein erheblicher Nachteil ist.
Obwohl Holiday Robotics derzeit auf Räder setzt, schließt das Unternehmen zweibeinige Versionen nicht aus. Die rollende Basis wird als der schnellste Weg zur kommerziellen Rentabilität gesehen. Das Unternehmen plant, im Dezember eine zweibeinige Version zu testen.
Hintergrund: Der Trend zu Rädern
Friday reiht sich in einen Trend ein, bei dem Roboterhersteller Stabilität, Akkulaufzeit und Manipulationsfähigkeiten über die Komplexität des Gehens stellen. Auch andere Unternehmen wie Unitree mit ihrem G1-D-Modell haben diesen Ansatz gewählt, um die Betriebszeit zu maximieren und die Herausforderungen der zweibeinigen Fortbewegung zu umgehen.
KI-Architektur: Fähigkeiten statt Aktionen
Die Softwarearchitektur von Holiday Robotics weicht ebenfalls von gängigen Ansätzen ab. Während viele im Bereich der verkörperten KI auf Vision-Language-Action (VLA)-Modelle setzen, bei denen ein neuronales Netzwerk direkte Motorsteuerungen ausgibt, ist Song Ki-young skeptisch, was die Sicherheit dieser Methode in industriellen Umgebungen betrifft.
„VLA ist eine Black Box, daher ist es schwer, die Sicherheit vorherzusagen und zu garantieren“, erläuterte Song. Stattdessen entwickelt Holiday Robotics ein Vision-Language-Skill (VLS)-Framework. Dieser „Whitebox“-Ansatz bedeutet, dass die KI aus einer Bibliothek vorab verifizierter Steuerungs„fähigkeiten“ (wie Greifen, Drücken oder Einführen) auswählt, anstatt rohe Motorbefehle zu generieren. Dieser Hybridansatz soll die Flexibilität generativer KI mit der Zuverlässigkeit traditioneller Steuerungstheorie verbinden, was für die Zusammenarbeit von Robotern und Menschen in der Fertigung unerlässlich ist.
Um diese Fähigkeiten zu trainieren, entwickelt das Unternehmen „Holiday Sim“, eine eigene Simulationsumgebung. Diese soll die Lücke zwischen Simulation und Realität schließen, indem sie weiche Körperkontakte genau modelliert – eine bekannte Schwierigkeit in Standard-Physik-Engines.
Südkoreas Robotik-Renaissance
Die Einführung von Friday ist Teil eines umfassenden Vorstoßes Südkoreas in den globalen Markt für humanoide Roboter. Das Land verfolgt einen „Team Korea“-Ansatz, an dem Regierung, Konzerne und Logistikunternehmen beteiligt sind:
- Regierung: Die K-Humanoid Alliance strebt bis 2030 eine globale Führungsposition an.
- Konzerne: Samsung Electronics und LG Electronics entwickeln eigene Plattformen. Doosan Robotics verlagert seinen Fokus von Cobots auf „praktische Humanoide“.
- Logistik: CJ Logistics und Rainbow Robotics arbeiten bereits zusammen, um Roboter in Lagerhäusern einzusetzen.
Holiday Robotics zielt darauf ab, die Konkurrenz durch einen attraktiven Preis und hohe Praktikabilität zu unterbieten. Song Ki-young strebt einen Preis von etwa 100 Millionen KRW (ca. 70.000 USD) an, was den jährlichen Kosten eines menschlichen Arbeiters in der modernen Fertigung entspricht. Dies soll eine schnelle Amortisation (ROI) gewährleisten.
Der Name des Unternehmens verrät seine langfristige Strategie: Zuerst „Friday“ für die industrielle Arbeit, dann „Saturday“ für Dienstleistungsbereiche wie Restaurants und schließlich „Sunday“ als Haushaltsassistenten. Fürs Erste konzentriert sich Friday jedoch auf die Fabrikhalle. Das Unternehmen plant, nächstes Jahr mit der Produktion von 100 Einheiten zu beginnen und führt bereits Gespräche mit Automobil- und Elektronikherstellern über Pilotprogramme.





