Der Traum vom Eigenheim ist für viele Menschen ein großer Lebenswunsch. Doch der Kauf einer Immobilie ist eine der größten finanziellen Entscheidungen, die man trifft. Es ist entscheidend, die eigenen Möglichkeiten realistisch einzuschätzen und eine solide Finanzierung zu planen. Fehler in der Planung können weitreichende Konsequenzen haben und die finanzielle Zukunft belasten.
Wichtige Erkenntnisse
- Eine Immobilie ist nicht automatisch eine sichere Geldanlage; Wertsteigerungen sind nicht garantiert.
- Ein detaillierter Kassensturz ist entscheidend, um die tragbare Kreditrate zu ermitteln.
- Ein hohes Eigenkapital reduziert Zinskosten und Risiken erheblich.
- Nebenkosten und unvorhergesehene Ausgaben müssen von Anfang an einkalkuliert werden.
- Sondertilgungsrechte und Flexibilität bei der Tilgung bieten wichtige Vorteile.
Die Ausgangssituation: Ist eine Immobilie das Richtige für Sie?
Bevor man sich in die Details der Finanzierung stürzt, sollte man grundlegende Fragen klären. Eine Immobilie wird oft als sichere Altersvorsorge oder attraktive Geldanlage beworben. Doch die Realität zeigt: Wertsteigerungen sind keine Selbstverständlichkeit. Zwischen 2012 und 2022 gab es zwar hohe Preisanstiege, doch Inflation und steigende Zinsen haben diesen Trend jüngst umgekehrt und zu Preisrückgängen geführt. Langfristig lagen Wertänderungen kaum über der allgemeinen Preissteigerungsrate.
Für viele ist ein Eigenheim mehr als nur eine Kapitalanlage; es ist ein Stück Lebensqualität. Dennoch birgt der Kauf erhebliche finanzielle Risiken. Eine fehlerhafte Beratung durch Banken, Bausparkassen oder Makler kann drastische Folgen haben. Verbraucherzentralen beobachten, dass Finanzdienstleister oft ihre eigenen Gewinninteressen über die Bedürfnisse der Kunden stellen.
Hintergrundinformation
Der German Real Estate Index zeigt, dass nach einer Phase signifikanter Preissteigerungen der Immobilienmarkt in den letzten Jahren eine Korrektur erfahren hat. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer kritischen Betrachtung der Immobilie als reine Geldanlage.
Persönliche Lebensplanung berücksichtigen
Überlegen Sie, wie Ihre private und berufliche Situation in den nächsten Jahren aussehen könnte. Wie viel Wohnraum benötigen Sie? Was passiert, wenn Kinder kommen oder ausziehen? Wie sicher ist Ihr Arbeitsplatz in der Region? Ein Umzug bei noch nicht abbezahlter Immobilie kann teuer werden. Nebenkosten, die beim Kauf angefallen sind, lassen sich beim Verkauf kaum zurückholen. Zudem kann eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung fällig werden, wenn ein Kredit vor Ende der Zinsbindung zurückgezahlt wird.
Der Kassensturz: Wie viel Kredit kann ich mir leisten?
Der wichtigste Schritt ist eine genaue Analyse Ihrer Finanzen. Führen Sie ein Haushaltsbuch oder zählen Sie Ihre jährlichen Sparleistungen zusammen. Was gespart wurde, war übrig und könnte für die Kreditrate verwendet werden. Doch Vorsicht: Zusätzliche Ausgaben im Eigenheim müssen berücksichtigt werden. Dazu gehören Hausgeld, Versicherungen und Steuern. Gleichzeitig fallen die bisherige Kaltmiete und möglicherweise Fahrtkosten weg oder ändern sich.
Faustregel der Banken
Viele Banken empfehlen, dass die monatliche Kreditrate nicht mehr als 40 Prozent des Nettoeinkommens ausmachen sollte. Die restlichen 60 Prozent decken Lebenshaltungskosten, Reparaturen und Neuanschaffungen ab. Dies ist ein Durchschnittswert, der je nach individueller Situation variieren kann.
Die Verbraucherzentralen betonen, dass die Kreditrate dauerhaft tragbar sein muss. Kalkulieren Sie auch Eventualitäten ein: Ein Kinderwunsch verändert Einnahmen und Ausgaben. Wie sicher ist Ihr Arbeitsplatz? Wie lange reichen Rücklagen, um Einkommensausfälle zu überbrücken? Planen Sie auch einen Puffer für steigende Lebenshaltungskosten ein. Es ist ratsam, auch zu überlegen, wann Sie schuldenfrei sein möchten. Selbst eine schuldenfreie Immobilie verursacht weiterhin Kosten für Instandhaltung und Nebenkosten.
Instandhaltungskosten nicht unterschätzen
Für den Werterhalt einer Immobilie sollte man jährlich etwa 2 Prozent des Wertes der Bausubstanz einkalkulieren. Der Wert der Bausubstanz ist der Immobilienpreis abzüglich des Grundstückswertes. Bei Neubauten sind in den ersten Jahren selten größere Summen nötig, doch nach etwa 20 Jahren werden oft umfangreichere Reparaturen und Modernisierungen fällig.
Eigenkapital: Der Schlüssel zur Risikominimierung
Ein hohes Eigenkapital ist ein entscheidender Faktor für eine günstige und sichere Finanzierung. Wer wenig oder gar kein Eigenkapital einsetzt, zahlt in der Regel höhere Zinsen und benötigt länger für die Tilgung. Zudem besteht ein höheres Risiko, bei einem vorzeitigen Verkauf Verluste zu erleiden.
Banken fordern oft mindestens 20 Prozent der Gesamtkosten als Eigenkapital. Mit dieser Quote reicht der Verkaufserlös in den meisten Fällen aus, um die Schulden vollständig zu begleichen. Zum Eigenkapital zählen neben Ersparnissen auch Sparverträge zur Altersvorsorge wie Renten- und Kapitallebensversicherungen.
„Wer eine erhebliche Summe parallel in chancenorientierte Anlagen wie ETFs investiert lässt, während er einen Kredit aufnimmt, investiert im Grunde 'auf Kredit'. Diese Spekulation ist riskant, da es auch in der Vergangenheit Phasen ohne nennenswerte Erträge am Aktienmarkt gab.“
In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, Sparverträge aufzulösen, um das Guthaben für die Reduzierung des Darlehens einzusetzen und die Sparrate für die Tilgung zu nutzen. Bankberater und Kreditvermittler raten hier nicht immer im Sinne des Kunden, da höhere Darlehenssummen größere Zinsgewinne für die Bank bedeuten und Provisionen für Vermittler anfallen können. Behalten Sie immer einen finanziellen Spielraum für unvorhergesehene Ausgaben.
Gesamtkosten: Mehr als nur der Kaufpreis
Beim Immobilienkauf fallen neben dem reinen Kaufpreis erhebliche Nebenkosten an. Diese können schnell 10 Prozent des Kaufpreises oder mehr ausmachen. Dazu gehören:
- Grunderwerbssteuer: Variiert je nach Bundesland.
- Notar- und Grundbuchkosten: Für die Abwicklung des Kaufs und die Eintragung ins Grundbuch.
- Maklercourtage: Wenn ein Makler involviert ist.
Doch damit nicht genug. Kalkulieren Sie auch kleinere Ausgaben für Möbel, Leuchten, die Gestaltung des Gartens oder Balkons und Umzugskosten ein, selbst wenn Sie den Umzug selbst organisieren. Bei Neubauten können Zusatzaufwendungen entstehen, etwa wenn der Baugrund Überraschungen birgt oder Sonderwünsche wie zusätzliche Steckdosen oder spezielles Parkett gegen Aufpreis umgesetzt werden sollen.
Bereitstellungszinsen
Kreditinstitute verlangen oft Bereitstellungszinsen, wenn das Darlehen nach einer bestimmten Zeit (meist 3 bis 12 Monate) noch nicht vollständig ausgezahlt wurde. Dies ist ein Entgelt für die Bereithaltung des Geldes. Verhandeln Sie die bereitstellungszinsfreie Zeit und kalkulieren Sie die Gesamtkosten vorsichtig, um eine teure Nachfinanzierung zu vermeiden.
Finanzierungsformen: Das Annuitätendarlehen als Standard
Sobald Sie Ihre tragbare Kreditrate und das gewünschte Datum der Schuldenfreiheit kennen, können Sie die maximale Darlehenssumme bei einem gegebenen Zinsniveau ermitteln. Ein einfaches Annuitätendarlehen gilt als die beste Finanzierungsform. Hier bleiben die monatlichen Raten über die gesamte Zinsbindungsfrist konstant, wobei der Zinsanteil anfangs höher ist und der Tilgungsanteil mit der Zeit steigt.
Die Länge der Zinsbindung hängt von Ihrer Risikobereitschaft und der Geschwindigkeit der Tilgung ab. Wer schnell tilgt, braucht oft keine extrem lange Zinsbindung. Wer sich jedoch vor Zinsanstiegen absichern möchte, sollte eine längere Bindung in Betracht ziehen, auch wenn dies mit höheren Zinsen verbunden sein kann.
Flexibilität durch Sondertilgungen und Tilgungssatzwechsel
Vereinbaren Sie unbedingt jährliche Sondertilgungsrechte. Diese sind inzwischen bei den meisten Banken kostenfrei in Höhe von 5 bis 10 Prozent der Darlehenssumme pro Jahr erhältlich, wenn man danach fragt. Auch das Recht, den Tilgungssatz je nach finanzieller Situation anpassen zu können, bietet große Flexibilität. Nicht alle Banken bieten diese Option an, aber hohe jährliche Sondertilgungsrechte können dies ausgleichen.
Verbraucherzentralen raten von Kombinationen aus Zwischenfinanzierungen mit Lebensversicherungen oder Investmentfonds ab, da diese oft teurer, unflexibel oder risikoreich sind. Auch Bauspar-Sofortfinanzierungen sehen sie kritisch, da sie Fallstricke wie verzögerte Zuteilung, nicht abgestimmte Summen und wechselnde Raten bergen können. Seien Sie bei Finanzierungen, die Sie nicht vollständig durchschauen, besonders vorsichtig und scheuen Sie sich nicht, unabhängigen Rat einzuholen.
Forward-Darlehen: Zinsen heute sichern
Ein Forward-Darlehen ermöglicht es, die Konditionen für ein zukünftiges Darlehen schon heute festzulegen. Dies ist besonders relevant, wenn die Zinsbindung eines bestehenden Darlehens in einigen Jahren ausläuft. Der Zinssatz entspricht oft dem aktuellen Marktzins, wobei Banken einen geringen Aufschlag für die Vorlaufzeit verlangen können. Ob sich das Festschreiben der Zinsen lohnt, ist ungewiss. Steigen die Zinsen bis zum Ablauf der alten Zinsbindung, profitiert man vom niedrigeren, heute vereinbarten Zinssatz. Fallen die Zinsen jedoch, muss das Forward-Darlehen dennoch zum vereinbarten, höheren Satz abgenommen werden. Für diejenigen, die Zinsrisiken minimieren möchten, kann es eine Option sein.
Zinsentwicklung und Zinsbindung: Was ist zu beachten?
Seriöse Prognosen zur Zinsentwicklung sind kaum möglich. Selbst Bankexperten irren sich hier regelmäßig. Die Europäische Zentralbank (EZB) selbst kennt ihre zukünftigen Entscheidungen nicht mit absoluter Sicherheit. Daher ist es ratsam, Zinsprognosen zu ignorieren und die Entscheidung für die eigene Immobilie von anderen Kriterien abhängig zu machen. Zinsänderungsrisiken lassen sich durch eine lange Zinsbindung minimieren.
Die richtige Länge der Zinsbindung
Die passende Länge der Zinsbindung hängt von Ihrem Bedürfnis nach Kalkulationssicherheit und Ihrem Tilgungsverlauf ab. Wer schnell tilgt, benötigt in der Regel keine extrem lange Zinsbindung. Hier ein Beispiel:
- Darlehen von 300.000 Euro, 3,5 Prozent Zins, 1.200 Euro Rate: Die Tilgung beträgt nur 1,30 Prozent pro Jahr. Nach 10 Jahren beträgt die Restschuld 253.384 Euro. Steigt der Zins dann auf 6,00 Prozent, reicht die Rate nicht einmal mehr für die Zinsen. Hier wäre eine sehr lange Zinsbindung ratsam.
- Darlehen von 300.000 Euro, 3,5 Prozent Zins, 1.600 Euro Rate: Die Tilgung beträgt 2,90 Prozent pro Jahr. Nach 10 Jahren sinkt die Restschuld auf 196.011 Euro. Steigt der Zins dann auf 6,00 Prozent, reicht die Rate immer noch aus, um weiter zu tilgen, und das Darlehen wäre nach weiteren knapp 16 Jahren vollständig abbezahlt. In diesem Fall ist eine 20-jährige Zinsbindung nicht zwingend notwendig, besonders wenn dafür hohe Zinsaufschläge verlangt werden.
Wer sich einen Zinsanstieg nicht leisten kann oder dagegen absichern möchte, sollte langfristige Zinsbindungen wählen. Die Frage der Zinsbindung ist primär eine Frage Ihrer Wünsche und Ihres Sicherheitsbedürfnisses, nicht des aktuellen Zinsniveaus. Verbraucher können jeden Darlehensvertrag nach 10 Jahren mit einer Frist von 6 Monaten kündigen, die Banken haben dieses Recht nicht.
Umschuldung: Wann ist sie möglich?
Eine Umschuldung vor Ablauf der Zinsbindung ist in der Regel nicht möglich. Die einzige Ausnahme besteht, wenn die Zinsbindung länger als 10 Jahre dauert. In diesem Fall kann man das Darlehen nach 10 Jahren mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten kündigen. Ohne dieses Kündigungsrecht besteht kein Anspruch auf Umschuldung. Eine vorzeitige Umschuldung lohnt sich nur, wenn das aktuelle Zinsniveau niedriger ist als zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsabschlusses. Eine Vorfälligkeitsentschädigung darf die Bank nur verlangen, wenn ihr durch die vorzeitige Ablösung ein Schaden entsteht.


