Der Deutsche Bundestag hat einen entscheidenden Schritt zur Förderung der Elektromobilität und der Energiewende getan. Mit der Verabschiedung einer Novelle des Energiewirtschafts- und des Stromsteuergesetzes werden Hürden für das bidirektionale Laden von Elektroautos abgebaut. Dies ermöglicht es E-Fahrzeugen, nicht nur Strom aufzunehmen, sondern ihn auch wieder ins Netz einzuspeisen, was die Nutzung von E-Autos als flexible Stromspeicher wirtschaftlich attraktiver macht.
Wichtige Punkte
- Doppelbelastung durch Netzentgelte für rückgespeisten Strom entfällt.
- E-Autos werden regulatorisch wie Großspeicher behandelt.
- Dezentrales Speicherpotenzial von 3,3 bis 5 GWh wird erschlossen.
- Entlastung bei Netzentgelten tritt zum 1. Januar 2026 in Kraft.
- VDA fordert weitere steuerliche Vereinfachungen.
Neues Gesetz beseitigt finanzielle Hürden
Bisher war das bidirektionale Laden, auch bekannt als Vehicle-to-Grid (V2G), aus wirtschaftlicher Sicht unattraktiv. Strom, der aus einer Elektroauto-Batterie zurück ins Netz eingespeist wurde, wurde erneut mit Netzentgelten und Abgaben belegt. Dies führte zu einer doppelten Belastung für die Nutzer und verhinderte eine breite Akzeptanz der Technologie.
Die aktuelle Gesetzesreform beseitigt diese Ungleichbehandlung. Elektroautos werden nun rechtlich wie Pumpspeicher oder stationäre Großspeicher eingestuft. Diese zahlen schon immer nur einmal Netzentgelte. Damit wird rückgespeister Strom zukünftig wie Speicherstrom behandelt und ist von der doppelten Belastung befreit.
Faktencheck
- Die Änderung betrifft das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und das Stromsteuergesetz.
- Die Bundesregierungsparteien CDU/CSU und SPD stimmten für das Gesetzespaket.
- Die AfD und die Grünen stimmten dagegen, die Linke enthielt sich.
Das Potenzial von E-Autos als Stromspeicher
Anbieter wie The Mobility House, spezialisiert auf Batteriespeicher, betonen die Bedeutung dieser Gesetzesänderung. Sie schafft einen fairen wirtschaftlichen Rahmen, der bidirektionales Laden für Verbraucher attraktiv macht. Dies integriert dringend benötigte Flexibilität in unser Energiesystem.
Elektroautos können so zu flexiblen Speichern werden. Sie nehmen erneuerbare Energie auf und speisen sie bei Bedarf wieder ein. Das entlastet das Stromsystem. Es schafft zudem Spielraum für mehr Wind- und Solarenergie. Langfristig senkt dies die Kosten für Verbraucher und Netzbetreiber.
„Das bidirektionale Laden ist eine zentrale Zukunftstechnologie – für die Attraktivität der E-Mobilität ebenso wie für ein erneuerbares, flexibles Energiesystem.“
Marcus Bollig, Geschäftsführer des Verbands der Automobilindustrie (VDA)
Hintergrund: Speicherpotenzial
Deutschland verfügt über mehr als 1,65 Millionen zugelassene Elektroautos. Bei einer realistischen Anschlussquote von 20 bis 30 Prozent dieser Fahrzeuge ergibt sich ein dezentrales Speichervermögen von rund 3,3 bis 5 Gigawattstunden (GWh). Dies entspricht der flexiblen Leistung eines Großkraftwerks (1,0 bis 1,5 GW).
Zeitplan und weitere Forderungen
Die Entlastung bei den Netzentgelten tritt zum 1. Januar 2026 in Kraft. Bereits ab dem 1. April folgen neue Marktregeln für die Bilanzierung von Stromspeichern und Lastgängen (MiSpeL) der Bundesnetzagentur. Diese Regeln vereinfachen V2G technisch und regulatorisch. Sie legen fest, wie Strommengen aus Speichern messtechnisch und bilanziell zu behandeln sind.
Netzbetreiber benötigen laut Branchenkennern sechs bis zwölf Monate für die Systemanpassung. Die Technik kann somit im kommenden Jahr schrittweise in den Markt wachsen. Für die volle Entfaltung des V2G-Potenzials ist jedoch ein schnellerer Ausbau digitaler Smart Meter notwendig.
VDA fordert zusätzliche Anpassungen
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) begrüßt die beschlossenen Maßnahmen. Marcus Bollig, Geschäftsführer des VDA, betont die Bedeutung des Abbaus von Hürden für das bidirektionale Laden. Er weist jedoch darauf hin, dass die Abschaffung der stromsteuerlichen Doppelbelastung im Anwendungsfall V2G zunächst auf Nutzer mit eigener Photovoltaikanlage begrenzt bleiben soll.
Der VDA fordert, die Empfehlung des Finanzausschusses zügig aufzugreifen. Diese sieht weitere Vereinfachungen im Stromsteuerrecht für Vehicle-to-Grid vor. Die Automobilindustrie hat bidirektionale Ladetechnologien bereits erfolgreich zur Marktreife entwickelt. Alle deutschen Hersteller bieten bereits bidirektionale E-Fahrzeuge an.
Für den Einstieg der Technologie in den Massenmarkt sind weitere politische Maßnahmen erforderlich. Dazu gehören einfache Zähl- und Messkonzepte zur Abgrenzung der begünstigten Strommengen.
Energy Sharing und Smart Meter Rollout
Die Abgeordneten haben auch Vorgaben zum sogenannten Energy Sharing und im Bereich des Netzanschlusses in das EnWG aufgenommen. Dies dient der Umsetzung der novellierten Strombinnenmarktrichtlinie. Ziel ist es, Endverbrauchern eine aktive Marktteilnahme zu ermöglichen und informierte Entscheidungen zu fördern.
Der Wirtschaftsausschuss ergänzte, dass die Regeln zum Teilen von Stromquellen auf Bürgerenergiegenossenschaften ausgeweitet werden. Auch kleine kommunale Betriebe erhalten dadurch mehr Möglichkeiten. Eine gewerbliche Tätigkeit soll kein Hemmnis mehr darstellen.
Zudem wollen die Parlamentarier den Smart-Meter-Rollout beschleunigen. Dies geschieht durch weitere Vereinfachungen im Messstellenbetriebsgesetz. Insbesondere grundzuständigen Messstellenbetreibern werden Kooperationen erleichtert. Der Bundestag kritisiert jedoch, dass das Tempo beim Hochlauf intelligenter Stromzähler noch immer unzureichend ist.
Eine Entschließung appelliert an die Bundesregierung. Sie soll mit der nächsten Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes eine deutliche Verschärfung des Sanktionsregimes gegen säumige grundzuständige Messstellenbetreiber einführen. Es sollen auch verpflichtende Abhilfemaßnahmen vorgesehen werden, falls sich die Zahlen kurzfristig nicht erheblich verbessern.





