Verbraucherzentralen warnen aktuell verstärkt vor dubiosen Forderungsschreiben der TPI Investment GmbH, die im Namen der 1N Telecom GmbH agiert. Viele Betroffene erhalten Rechnungen für DSL-Verträge, die sie nie bewusst abgeschlossen haben oder bereits fristgerecht widerrufen wurden. Diese Praxis führt zu erheblicher Verunsicherung und finanziellem Druck. Es ist entscheidend, angemessen zu reagieren, um Mahnbescheide oder negative Schufa-Einträge zu verhindern.
Wichtige Punkte
- TPI Investment fordert im Namen von 1N Telecom oft unberechtigt Geld.
- Viele Verträge wurden nie geschlossen oder rechtzeitig widerrufen.
- Ignorieren Sie Werbebriefe, aber reagieren Sie auf Forderungen schriftlich.
- Verbraucherzentralen bieten Unterstützung und Musterbriefe an.
- Sammelklage gegen 1N Telecom ist in Vorbereitung.
Unberechtigte Forderungen von TPI Investment
Seit einiger Zeit berichten zahlreiche Bürger von Forderungsschreiben der TPI Investment GmbH aus Essen. Das Unternehmen verlangt Beträge von rund 420 Euro für angebliche DSL-Verträge, die im Jahr 2023 oder 2024 mit der 1N Telecom GmbH geschlossen worden sein sollen. Auffällig ist, dass in vielen dieser Fälle kein gültiger Vertrag vorliegt oder dieser bereits wirksam widerrufen wurde.
Die TPI Investment GmbH behauptet, die Forderungen von 1N Telecom übernommen zu haben. Wer eine fremde Forderung eintreiben will, muss die sogenannte Abtretung nachweisen können. Ohne eine gültige Abtretungsurkunde ist die Forderung nicht rechtmäßig.
Faktencheck
- Forderungsbetrag: Rund 420 Euro.
- Zeitraum der angeblichen Verträge: 2023 oder 2024.
- Problem: Oft kein gültiger Vertrag oder bereits widerrufen.
So reagieren Sie richtig
Die Verbraucherzentralen raten dringend dazu, solchen Forderungen schriftlich zu widersprechen. Fordern Sie gleichzeitig die Vorlage einer gültigen Abtretungsurkunde an. Ohne diesen Nachweis können Sie die Zahlung verweigern. Selbst mit einer Abtretungsurkunde ist die Forderung nicht automatisch berechtigt. Es muss immer geprüft werden, ob überhaupt ein wirksamer Vertrag zwischen Ihnen und 1N Telecom zustande gekommen ist.
Die TPI Investment legt nach bisherigen Erkenntnissen oft entweder einen unterschriebenen Vertrag oder ein EDV-Protokoll vor. Ein EDV-Protokoll allein reicht nach Einschätzung der Verbraucherzentralen nicht aus, um einen Vertragsschluss zweifelsfrei zu belegen. Bestehen Sie im Falle eines gerichtlichen Verfahrens auf die Vorlage des original unterschriebenen Vertrages.
"Prüfen Sie daher gründlich, ob ein wirksamer Vertrag vorliegt – oder ob der Anbieter lediglich versucht, mit unzureichenden Nachweisen Zahlungen durchzusetzen." – Verbraucherzentrale
Fragwürdige Methoden der 1N Telecom
Die 1N Telecom GmbH aus Düsseldorf gerät immer wieder wegen ihrer Geschäftspraktiken in die Kritik. Verbraucher berichten von verschiedenen Szenarien:
Werbebriefe mit Antragsformular
Viele erhalten persönlich adressierte Werbebriefe mit einem Antragsformular für einen DSL-Tarif. Diese Briefe enthalten oft die aktuelle Festnetznummer der Empfänger. Verbraucher fühlen sich getäuscht, da sie die Schreiben fälschlicherweise für Mitteilungen der Deutschen Telekom halten und glauben, lediglich ihren bestehenden Tarif zu wechseln. Nach Unterzeichnung des Formulars wird jedoch ein neuer Vertrag mit 1N Telecom aktiviert.
Hintergrund
Die 1N Telecom wirbt mit der Kündigung des bestehenden Vertrags beim Altanbieter und der Rufnummernmitnahme. Viele Betroffene möchten jedoch ihren Anbieter gar nicht wechseln.
Begrüßungsschreiben ohne vorherigen Kontakt
Ein weiteres Problem sind Begrüßungsschreiben von 1N Telecom an Personen, die nach eigener Aussage nie einen Vertrag abgeschlossen haben. In diesen Schreiben wird aufgefordert, den aktuellen Telefonanbieter zu kündigen und einen Portierungsauftrag zu erteilen. Wer dem nicht nachkommt, erhält oft wenige Wochen später eine Schadenersatzforderung.
Schadenersatzforderungen
Die 1N Telecom fordert in diesen Fällen pauschalen Schadenersatz in dreistelliger Höhe. Die Begründung: Der Verbraucher habe die Einrichtung des Anschlusses verhindert, indem er den Portierungsauftrag zurückgenommen oder nicht gestellt habe. Diese Forderungen werden bei Nichtzahlung oft von Inkassodiensten eingetrieben. Wichtig: Wenn kein wirksamer Vertrag besteht, müssen Sie auch keinen Schadenersatz leisten.
Wie 1N Telecom an Ihre Daten kommt
Viele Betroffene fragen sich, woher 1N Telecom ihre persönlichen Daten hat. Es gibt Hinweise auf fragwürdige Methoden.
- Gewinnspiele: Berichten zufolge erhalten Verbraucher nach der Teilnahme an Online-Gewinnspielen (z.B. angeblichen Aldi-, Balea-, Lidl- oder SV Sandhausen-Gewinnspielen) plötzlich eine Bestätigung über einen "Auftrag zum günstigen DSL16-Tarif".
- E-Mail-Werbung: Einige erhalten "Bestellbestätigungen" im Auftrag von 1N Telecom per E-Mail von Online-Marketing-Firmen wie Parkside Marketing Ltd. Solche Werbemails sind ohne vorherige Zustimmung in der Regel unzulässig.
Personalisierte Werbung per Post ist grundsätzlich zulässig. Bei E-Mail-Werbung ist jedoch eine vorherige Einwilligung erforderlich. Sie können einer Werbenutzung Ihrer Daten jederzeit widersprechen und Auskunft nach Artikel 15 DSGVO über die gespeicherten Daten verlangen.
Rechtliche Schritte der Verbraucherzentralen
Die Verbraucherzentralen gehen massiv gegen die Praktiken der 1N Telecom vor. Zwischen Januar 2023 und März 2025 gingen bundesweit rund 14.000 Beschwerden ein. Mehrere Verbraucherzentralen und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) haben bereits 17 Verfahren eingeleitet, einige davon waren gerichtlich erfolgreich.
Gerichtliche Erfolge
- Landgericht Düsseldorf erklärte unzulässige Vertragsklauseln für unwirksam.
- Falsche Behauptungen in der Werbung wurden untersagt.
- Fehlende Angaben in Widerrufsbelehrungen und Impressum führten zu Urteilen.
Der vzbv hat zudem eine Unterlassungsklage gegen 1N Telecom erhoben, um die unseriösen Werbebrief-Praktiken zu stoppen. Eine Sammelklage ist in Vorbereitung, um bereits gezahlten Schadenersatz für Betroffene zurückzuholen.
Was tun bei einem ungewollten Anbieterwechsel?
Wenn Sie feststellen, dass Sie ungewollt einen Vertrag mit 1N Telecom haben, gibt es mehrere Handlungsmöglichkeiten:
Widerrufsrecht nutzen
Bei Fernabsatzverträgen haben Sie ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Ihr unterschriebenes Angebotsschreiben bei 1N Telecom eingegangen ist. Wichtig: Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ist Voraussetzung. Fehlt diese oder ist sie fehlerhaft, verlängert sich die Frist auf ein Jahr und 14 Tage.
Dokumentieren Sie Ihren Widerruf sorgfältig, am besten per Einschreiben Einwurf. Bewahren Sie den Versandbeleg gut auf. Sollten Sie Probleme bei der Zustellung an 1N Telecom haben (Briefe kommen als "nicht zustellbar" zurück), bewahren Sie auch diese Schreiben auf.
Anfechtung des Vertrages
Ist die Widerrufsfrist abgelaufen, können Sie den Vertrag möglicherweise anfechten, zum Beispiel wegen arglistiger Täuschung oder Irrtums. Bei einer wirksamen Anfechtung gilt der Vertrag als nie geschlossen. Hierfür müssen Sie jedoch die Voraussetzungen für eine Anfechtung darlegen können.
Portierungsauftrag nicht unüberlegt zurücknehmen
Ein Widerruf oder eine Anfechtung machen einen Portierungsauftrag zur Rufnummernmitnahme nicht automatisch rückgängig. Wenden Sie sich hierfür an Ihren alten Anbieter. Nehmen Sie den Portierungsauftrag nicht unüberlegt zurück, bevor der neue Vertrag mit 1N Telecom widerrufen oder angefochten wurde. Dies könnte sonst zu Schadenersatzforderungen führen. Lassen Sie sich im Zweifel rechtlich beraten.
Wenn der Vertrag bestehen bleibt
Können Sie den Vertrag nicht mehr rückgängig machen, müssen Sie ihn für die Mindestlaufzeit, meist zwei Jahre, nutzen. Sie können bereits jetzt eine Kündigung zum Ende der Laufzeit an 1N Telecom schicken. Sollte 1N Telecom trotz Vertrag keine Leistung erbringen, fordern Sie das Unternehmen umgehend zur Leistungserbringung auf. Bleibt dies erfolglos, können Sie den Vertrag außerordentlich kündigen. Prüfen Sie jedoch, ob die Leistungsstörung nicht durch eigene Geräte verursacht wird.
Schutz vor ungewollter Werbung
Um sich vor ungewollter Werbung zu schützen, können Sie einer Werbenutzung Ihrer Daten widersprechen und deren Sperrung verlangen. Musterbriefe hierfür sind bei den Verbraucherzentralen erhältlich. Fordern Sie zudem Auskunft darüber, woher 1N Telecom Ihre Daten hat. Bei unzureichender Auskunft oder fehlender Einwilligung zur Datennutzung können Sie sich bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde (Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, BfDI) beschweren.
Eine weitere Möglichkeit ist die Eintragung in die Robinson-Liste des Deutschen Dialogmarketing Verbands (DDV). Unternehmen, die dem DDV angehören, erhalten dann die Information, dass Sie keine Werbung per Post wünschen. Dies dämmt die Werbeflut jedoch nur bedingt ein, da nicht alle Unternehmen dem DDV angeschlossen sind.
Zusatzinformation
Beschwerden über unerlaubte Werbemails oder ignorierte Werbewidersprüche können Sie bei der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW einreichen.





