Die Kündigung eines Versicherungsvertrags kann komplex wirken, doch mit dem richtigen Wissen lassen sich unnötige Kosten und unliebsame Überraschungen vermeiden. Viele Verträge verlängern sich automatisch, wenn man nicht rechtzeitig handelt. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Kündigungsmöglichkeiten, Fristen und Sonderrechte, die Versicherungsnehmer kennen sollten, um ihre Policen effektiv zu verwalten und bei Bedarf zu wechseln.
Wichtige Punkte
- Die meisten Versicherungen verlängern sich automatisch; rechtzeitige Kündigung ist entscheidend.
- Ordentliche Kündigung erfordert keine Begründung, muss aber fristgerecht erfolgen.
- Sonderkündigungsrechte bestehen bei Beitragserhöhungen, nach einem Schadensfall oder bei Eintritt in die GKV-Pflicht.
- Die Kündigungsfristen variieren je nach Versicherungsart, meist drei Monate zum Jahresende.
- Nicht alle Versicherungsverträge, wie die Rürup-Rente, sind kündbar.
Wann kann ich meine Versicherung kündigen?
Die genauen Bedingungen für die Kündigung eines Versicherungsvertrags sind in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) und im Produktinformationsblatt festgelegt. Diese Dokumente erhalten Versicherungsnehmer beim Vertragsabschluss und können sie bei Bedarf jederzeit beim Versicherer anfordern. Grundsätzlich gibt es zwei Hauptarten der Kündigung: die ordentliche und die außerordentliche Kündigung.
Faktencheck
Nur wenige Versicherungsverträge enden automatisch, wie zum Beispiel eine Reiserücktrittsversicherung für eine spezifische Reise. Die meisten Policen, darunter Hausrat- oder Haftpflichtversicherungen, verlängern sich stillschweigend um ein weiteres Jahr, wenn keine Kündigung erfolgt.
Die ordentliche Kündigung
Die ordentliche Kündigung ist die häufigste Form und erfordert keine Angabe von Gründen. Sie erfolgt in der Regel zum Ende eines Versicherungsjahres. Das Versicherungsjahr muss nicht zwingend dem Kalenderjahr entsprechen, sondern richtet sich oft nach dem Abschlussdatum des Vertrags. Dieses Datum ist im Versicherungsschein vermerkt.
Für die meisten Sachversicherungen, wie Hausrat-, Wohngebäude-, Rechtsschutz- und Privathaftpflichtversicherungen, beträgt die Kündigungsfrist üblicherweise drei Monate. Das bedeutet, das Kündigungsschreiben muss spätestens drei Monate vor Ablauf des Versicherungsjahres beim Versicherer eingegangen sein.
„Hiermit kündige ich meinen Versicherungsvertrag fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Bitte senden Sie mir eine Kündigungsbestätigung unter Angabe des Vertragsendes zu.“
Ein solches Formulierungsmuster ist für eine ordentliche Kündigung ausreichend. Wichtig ist die Angabe von Name, Adresse und Vertragsnummer, damit der Versicherer die Kündigung zuordnen kann. Eine Kündigung kann per Brief, Fax oder E-Mail erfolgen. Bei kurzfristigen Kündigungen empfiehlt sich ein Einwurfeinschreiben oder ein Fax mit qualifiziertem Sendebericht, um den fristgerechten Zugang nachweisen zu können.
Sonderregelungen für bestimmte Versicherungen
Manche Versicherungssparten haben abweichende Kündigungsfristen und -bedingungen:
- Kfz-Versicherungen: Hier beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Ende des Versicherungsjahres. Bei vielen älteren Verträgen ist der Stichtag der 30. November für das Jahresende am 31. Dezember. Immer mehr Versicherer verwenden jedoch individuelle Stichtage. Beim Kauf eines angemeldeten Fahrzeugs kann der bestehende Vertrag innerhalb eines Monats nach Kauf mit sofortiger Wirkung gekündigt werden.
- Kapitallebensversicherungen und private Rentenversicherungen: Bei jährlicher Zahlungsweise ist eine Kündigung zum Ende des Versicherungsjahres ohne Einhaltung einer Frist möglich. Bei Ratenzahlung kann sogar innerhalb des Versicherungsjahres zum Schluss jedes Ratenzahlungsabschnitts gekündigt werden.
Wichtiger Hinweis zu Lebensversicherungen
Eine Kündigung von Lebens- und Rentenversicherungen ist oft wirtschaftlich ungünstig. Der Versicherer zahlt lediglich den Rückkaufswert aus, der meist deutlich unter der Summe der eingezahlten Beiträge liegt, insbesondere in den ersten Jahren aufgrund hoher Abschluss- und Vertriebskosten. Alternativen wie Beitragsfreistellung oder Verkauf des Vertrags sollten geprüft werden.
Ein Widerruf kann vorteilhafter sein, besonders bei Verträgen, die zwischen Anfang 1995 und Ende 2007 abgeschlossen wurden. Hier besteht aufgrund der BGH-Rechtsprechung oft ein „ewiges Widerspruchsrecht“, das eine Rückabwicklung des Vertrags ermöglicht, selbst wenn er bereits gekündigt wurde.
- Riester-Rentenversicherung: Eine Kündigung ist jederzeit zum Ende der Versicherungsperiode möglich. Dies gilt jedoch als „schädliche Verwendung“, was die Rückzahlung aller staatlichen Zulagen und steuerlichen Vorteile zur Folge hat. Eine Beitragsfreistellung ist hier oft die bessere Option.
- Private Krankenversicherung (PKV): Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Ende des ersten oder jedes darauffolgenden Jahres. Eine Kündigung erfordert den Nachweis einer lückenlosen Anschlussversicherung, die der Krankenversicherungspflicht in Deutschland genügt. Ein Tarifwechsel innerhalb des eigenen Versicherers ist oft sinnvoller als ein Wechsel zu einem neuen Anbieter, da Alterungsrückstellungen nur teilweise oder gar nicht mitgenommen werden können.
- Gesetzliche Krankenversicherung (GKV): Die Mitgliedschaft kann mit einer Frist zum Ende des übernächsten Kalendermonats gekündigt werden, wenn man in die PKV wechseln möchte. Dies ist für Selbstständige und Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze (2020: 62.550 Euro) möglich.
Die außerordentliche Kündigung: Sonderrechte nutzen
Unter bestimmten Umständen haben Versicherungsnehmer ein Sonderkündigungsrecht, das eine Kündigung außerhalb der regulären Fristen ermöglicht:
Nach einer Beitragserhöhung
Erhöht der Versicherer die Prämie, ohne dass sich der Versicherungsschutz verbessert, haben Sie ein monatliches Kündigungsrecht ab dem Zeitpunkt der Mitteilung über die Erhöhung. Dies ist eine wichtige Möglichkeit, auf unerwartete Kostensteigerungen zu reagieren.
Nach einem Schadensfall
Nach Eintritt eines versicherten Schadensfalls können Sie den Vertrag kündigen. Dies gilt für Kfz-, Sach- und Unfallversicherungen. Die Kündigung muss innerhalb eines Monats nach Abschluss der Verhandlungen über die Entschädigung erfolgen. Sie wird sofort mit Zugang beim Versicherer wirksam, spätestens jedoch zum Ende des Versicherungsjahres.
In der Rechtsschutzversicherung besteht ein Kündigungsrecht, wenn der Versicherer seine Leistungspflicht bei mindestens zwei Versicherungsfällen innerhalb von zwölf Monaten bejaht hat oder wenn er trotz Leistungspflicht einmalig die Leistung ablehnt. Auch hier muss die Kündigung innerhalb eines Monats nach Leistung oder Ablehnung erfolgen.
Wussten Sie schon?
Das Sonderkündigungsrecht nach einem Schadensfall steht nicht nur dem Versicherungsnehmer, sondern auch dem Versicherungsunternehmen zu. Kündigt der Versicherer, wird die Kündigung einen Monat nach Zugang wirksam.
Bei Eintritt in die gesetzliche Krankenversicherungspflicht
Wer als privat Versicherter in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zurückkehren muss, beispielsweise weil das Jahreseinkommen unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze fällt (2020: 62.550 Euro), hat ein außerordentliches Kündigungsrecht für die private Krankenversicherung. Die Kündigung kann binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht rückwirkend erfolgen.
Ein Anspruch auf Familienversicherung ist dem Eintritt in die Versicherungspflicht gleichgestellt, was ebenfalls ein Kündigungsrecht für die private Police begründet.
Nicht alle Verträge sind kündbar
Es ist wichtig zu wissen, dass nicht alle Versicherungsverträge mit dem Ziel der Auszahlung eines Rückkaufswerts gekündigt werden können. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Basis-Rentenversicherung (Rürup-Rente). Eine Kündigung bewirkt hier lediglich eine Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung, eine Auszahlung des Kapitals ist nicht vorgesehen.
So sprechen Sie eine Kündigung korrekt aus
Für eine wirksame Kündigung ist der Eingang des Schreibens beim Versicherer innerhalb der Kündigungsfrist entscheidend, nicht das Datum des Poststempels. Daher ist es ratsam, genügend Zeit für den Versand einzuplan.
Verwenden Sie im Kündigungsschreiben immer Ihre Versicherungsschein-Nummer. Kündigen Sie zum gewünschten Termin und hilfsweise zum nächstmöglichen Termin, falls Sie unsicher bezüglich der genauen Frist sind. Fordern Sie eine Kündigungsbestätigung an und widerrufen Sie gegebenenfalls die Einzugsermächtigung.
Sollte Ihre Kündigung aus formalen Gründen unwirksam sein, ist der Versicherer verpflichtet, diese zurückzuweisen und die Gründe dafür zu nennen. Die Kündigung tritt dann nicht automatisch zum nächstmöglichen Termin in Kraft, es sei denn, Sie haben dies in Ihrem Schreiben explizit als Hilfsoption formuliert.





