Seit Januar 2024 sind die sogenannten European Long-Term Investment Funds (ELTIFs) auch für Kleinanleger leichter zugänglich. Zuvor waren hohe Mindestinvestitionen und ein beträchtliches Vermögen erforderlich, was viele private Investoren ausschloss. Die neuen Vorschriften sollen die Anlage in nicht börsennotierte Unternehmen oder Infrastrukturprojekte vereinfachen, teilweise schon ab 25 Euro monatlich. Das Angebot an ELTIFs ist stark gewachsen, doch Verbraucherzentralen warnen vor Risiken und betonen, dass ELTIFs nicht zum Vermögensaufbau oder zur Altersvorsorge für Privatanleger geeignet sind.
Wichtige Punkte
- ELTIFs sind seit Januar 2024 einfacher für Kleinanleger zugänglich.
- Mindestanlagesumme und Vermögensnachweis wurden abgeschafft.
- Anbieter werben mit Investitionen in Sachwerte und Infrastruktur ab kleinen Beträgen.
- Verbraucherzentralen warnen vor hohen Risiken und mangelnder Transparenz.
- ELTIFs eignen sich nicht für den Vermögensaufbau oder die Altersvorsorge von Privatanlegern.
Was sind ELTIFs? Eine Definition
ELTIFs, die Abkürzung für „European Long-Term Investment Funds“, sind spezialisierte Fonds, die Gelder langfristig in Sachwerte investieren. Diese Sachwerte umfassen eine Reihe von Anlageklassen, die typischerweise nicht an regulären Börsen gehandelt werden.
Zu den typischen Investitionsbereichen gehören erneuerbare Energieprojekte wie Wind- oder Solarparks. Auch große Infrastrukturvorhaben wie Flughäfen oder Telekommunikationsnetze fallen in diesen Bereich. Darüber hinaus investieren ELTIFs in nicht börsennotierte Unternehmen, bekannt als Private Equity, oder vergeben Kredite an Unternehmen, was als Private Debt bezeichnet wird.
Faktencheck: ELTIF-Investitionen
- Wind- und Solarparks: Direkte Investitionen in nachhaltige Energieerzeugung.
- Infrastrukturprojekte: Beteiligung an Bau und Betrieb von Verkehrswegen oder Kommunikationsnetzen.
- Private Equity: Kapital für Unternehmen, die nicht an der Börse gelistet sind.
- Private Debt: Bereitstellung von Krediten durch Fondsgesellschaften an Unternehmen.
Geschlossene ELTIFs können eine Laufzeit von bis zu 30 Jahren haben. Während dieser Zeit ist es Anlegern in der Regel nicht möglich, ihre Anteile zurückzugeben. Bei offenen ELTIFs gibt es zwar keine feste Obergrenze für die Laufzeit, jedoch müssen Anleger ihre Anteile meist mindestens 24 Monate halten und haben eine einjährige Kündigungsfrist. Ein direkter Verkauf an der Börse ist nicht möglich, da ELTIFs keine börsengehandelten Produkte sind.
Regeländerung: Warum ELTIFs nun zugänglicher sind
Vor Januar 2024 waren die Hürden für Kleinanleger, in ELTIFs zu investieren, sehr hoch. Eine Mindestanlagesumme von 10.000 Euro und ein nachzuweisendes Vermögen von über 100.000 Euro schlossen die meisten Privatanleger aus. Die Europäische Union hat diese Regelungen geändert, um langfristige Investitionen in die Realwirtschaft zu fördern und mehr Kapital für wichtige Projekte zu mobilisieren.
Mit der seit Januar 2024 gültigen EU-Verordnung wurden wesentliche Änderungen eingeführt. Die Mindestanlagesumme wurde abgeschafft, wodurch Investitionen schon mit deutlich kleineren Beträgen möglich sind. Auch der Nachweis eines bestimmten Vermögens ist nicht mehr erforderlich. Zusätzlich erhalten Fondsmanager mehr Flexibilität bei der Gewichtung einzelner Anlagen innerhalb des ELTIFs. Diese Reform zielt darauf ab, die europäische Wirtschaft zu stärken, indem sie den Zugang zu langfristigem Kapital erleichtert.
Hintergrund: Die ELTIF-Reform
Die EU-Kommission hat die ELTIF-Regulierung überarbeitet, um die Attraktivität dieser Fonds zu steigern. Ziel ist es, mehr private und institutionelle Investoren für langfristige Projekte zu gewinnen, die für das Wirtschaftswachstum und die Energiewende in Europa entscheidend sind. Die Vereinfachung der Zugangsbedingungen ist ein zentraler Bestandteil dieser Strategie.
Anbieter werben verstärkt für ELTIFs
Die geänderten Vorschriften haben dazu geführt, dass Anbieter ELTIFs nun verstärkt bewerben. Sie betonen, dass Anleger bereits mit kleinen Beträgen in nicht börsennotierte Unternehmen, Kreditfonds und Infrastrukturprojekte investieren können. Teilweise sind monatliche Anlagen schon ab 25 Euro möglich.
Ein Beispiel hierfür ist ein Angebot des Neobrokers Trade Republic vom September 2025, der Private-Equity-ELTIFs bereits ab einem Euro und mit monatlicher Handelbarkeit bewirbt. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass ein Handel nur stattfindet, wenn ein Käufer gefunden wird, was nicht garantiert ist. Die ausgewiesenen Orderkosten sind zudem selten die einzigen Gebühren. Bei genauerer Betrachtung der Produktdetails fallen oft hohe laufende Kosten ins Auge. Beispielsweise betragen die laufenden Fondskosten des beworbenen Apollo Global Private Markets ELTIF 2,8 Prozent, zuzüglich einer Performance Fee von 1,71 Prozent (Stand September 2025). Beim EQT Nexus ELTIF liegen die Fondskosten bei 2,35 Prozent. Hinzu können weitere Ausstiegskosten kommen, und die Handelbarkeit kann eingeschränkt sein. Diese Beispiele verdeutlichen die Notwendigkeit, Werbeaussagen kritisch zu prüfen.
„Vermittler erhalten oft eine Provision, wenn sie Ihnen einen ELTIF verkaufen. Bleiben Sie daher skeptisch. Der Vermittler könnte das Produkt auch aus eigenem Interesse anbieten“, warnen Verbraucherschützer. Die Interessen des Vermittlers müssen nicht immer mit denen des Anlegers übereinstimmen.
Anbieter werben auch damit, dass ELTIFs die Energiewende unterstützen oder in Infrastrukturprojekte mit hohem Investitionsbedarf fließen. All dies soll attraktive Renditen versprechen. Einige Anbieter gehen sogar so weit zu behaupten, ELTIFs könnten die „neuen ETFs“ sein, mit Aussicht auf zweistellige Renditen. Die Verbraucherzentralen sehen diesen letzten Punkt besonders kritisch, da höhere Renditeversprechen immer mit höheren Risiken verbunden sind.
Funktionsweise und Risiken von ELTIFs
Bevor Anleger sich für eine Investition in ELTIFs entscheiden, ist eine gründliche Information über deren Funktionsweise sowie die damit verbundenen Vor- und Nachteile unerlässlich. ELTIFs sind langfristige Anlagen in Sachwerte, die teilweise bereits mit geringen Beträgen, beispielsweise 25 Euro monatlich, möglich sind. Geschlossene ELTIFs können Laufzeiten von bis zu 30 Jahren aufweisen, während offene ELTIFs keine feste Obergrenze haben.
Ein ELTIF darf bis zu 20 Prozent seines Vermögens in eine einzelne Anlage investieren. Dies bietet eine gewisse, jedoch begrenzte Diversifikation. Im Vergleich dazu erreichen sie nicht die breite Risikostreuung eines ETFs, der in Hunderte oder Tausende von Unternehmen investiert sein kann. Beispielsweise ist ein ETF, der den MSCI World Index abbildet, in über 1.300 Unternehmen aus 23 Industrieländern investiert. Andere ETFs, wie der MSCI All Countries World oder FTSE All-World, sind noch breiter gestreut und umfassen bis zu 4.200 Unternehmen.
Die Liquidität bei ELTIFs ist stark eingeschränkt. Anleger müssen sich bewusst sein, dass ein Ausstieg oft nur zu bestimmten Terminen oder gar nicht möglich ist. Wenn Anbieter eine vorzeitige Rücknahme von Anteilen anbieten, ist dies meist an Bedingungen und Haltefristen geknüpft. Da es sich um nicht börsennotierte Unternehmen handelt, ist ein Verkauf über die Börse nicht möglich. Dennoch benötigen Anleger ein Wertpapierdepot.
Wie bei allen Anlageformen sollten die Kosten sorgfältig geprüft werden. Für Privatanleger kann ein Ausgabeaufschlag von bis zu 5 Prozent anfallen. Laufende Kosten und Performance Fees können die Rendite erheblich schmälern. Dachfonds sind hierbei oft besonders teuer. Renditeversprechen oder -ziele bei einem ELTIF hängen von der Entwicklung der Projekte ab, in die investiert wird, und sind nicht garantiert, anders als beispielsweise die vereinbarten Zinsen bei einem Festgeld.
Warnungen der Verbraucherzentralen
Die Verbraucherzentralen sehen ELTIFs für Privatanleger nicht als geeignete Anlageform an. Sie begründen dies mit dem Mangel an Informationen, die für eine fundierte Investitionsentscheidung notwendig wären. Für Unternehmensbeteiligungen sind umfassendes Fachwissen und tiefe Marktkenntnisse erforderlich, die Kleinanleger oft nicht besitzen.
Die Transparenz bezüglich des Ausgabepreises von ELTIFs ist im Vergleich zu börsengehandelten Wertpapieren gering. Während der Handel an der Börse eine faire Rendite im Verhältnis zum eingegangenen Risiko gewährleistet, werden bei ELTIFs die Preise sowie mögliche Zinszahlungen vom Emittenten festgelegt. Dies erschwert es Kleinanlegern, die Fairness einer versprochenen Rendite zu beurteilen. Hohe Renditeversprechen gehen immer mit hohen Risiken einher, und bei ELTIFs besteht das Risiko eines Totalverlusts des eingesetzten Kapitals.
Des Weiteren besteht die Gefahr, dass Privatanlegern nur Projekte angeboten werden, an denen institutionelle oder professionelle Investoren aufgrund eines ungünstigen Chancen-Risiko-Profils kein Interesse hatten. Selbst für erfahrene Profis war es oft schwierig, mit Infrastrukturprojekten und Private-Equity-Beteiligungen überdurchschnittliche Renditen zu erzielen.
Aus Sicht der Verbraucherzentralen sind ELTIFs als reine Geldanlage für Privatanleger ungeeignet. Wer trotz der Risiken in diese Anlageform investieren möchte, sollte dies nur als kleinen Bestandteil eines breit gestreuten Portfolios tun, idealerweise als Beimischung von höchstens fünf Prozent des Gesamtvermögens. Zudem sollte ausschließlich Kapital verwendet werden, das kurz- und mittelfristig nicht benötigt wird und dessen Verlust die eigene finanzielle Lebensplanung nicht gefährdet.
Dieser Inhalt wurde von der Gemeinschaftsredaktion in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.





