Immer mehr Bausparkassen kündigen alte Bausparverträge. Dies betrifft besonders Verträge, die hohe Guthabenzinsen oder Bonuszinsen versprechen. Viele Sparer sind verunsichert und wissen nicht, wie sie sich wehren können. Es gibt jedoch klare rechtliche Grundlagen und Strategien, um die eigenen Ansprüche zu sichern.
Wichtige Punkte
- Bausparkassen kündigen Verträge mit hohen Bonuszinsen.
- Kündigungen sind oft nach 10 Jahren Zuteilungsreife möglich.
- Bonusansprüche können bei Übersparung des Vertrags entfallen.
- Verbraucher sollten ihre Verträge und Bedingungen genau prüfen.
- Rechtzeitiges Handeln sichert Bonus- und Treueprämien.
Warum Bausparkassen alte Verträge kündigen
Bausparverträge, die vor vielen Jahren abgeschlossen wurden, bieten oft Zinsen von über 1,5 Prozent pro Jahr. Zusätzlich wurde häufig ein Bonuszins vereinbart, wenn der Bausparkredit nicht in Anspruch genommen wird. Diese hohen Zinsen sind für Bausparkassen in der heutigen Niedrigzinsphase finanziell belastend. Sie suchen daher nach Wegen, diese Verträge aufzulösen.
Die Bausparkassen nutzen verschiedene Argumente, um die Verträge zu beenden. Dies kann für Sparer, die auf die hohen Zinserträge zählen, problematisch sein. Es ist wichtig, die genauen Gründe der Kündigung zu verstehen und die eigenen Rechte zu kennen.
Faktencheck
Einige alte Bausparverträge bieten Grundzinsen von 1,5 Prozent, die sich bei Verzicht auf den Kredit um weitere 2 Prozentpunkte erhöhen können. Das ergibt eine attraktive Gesamtrendite, die heute kaum noch zu finden ist.
Kündigung nach 10 Jahren Zuteilungsreife
Eine häufige Begründung für Kündigungen ist das Erreichen der Zuteilungsreife. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in Urteilen vom 21. Februar 2017 (Az. XI ZR 272 /16 und XI ZR 185/16) festgestellt, dass Bausparverträge im Regelfall 10 Jahre nach Erreichen der Zuteilungsreife kündbar sind. Voraussetzung ist, dass die Bausparkasse die Zuteilungsreife dem Kunden mitgeteilt hat.
Es gibt jedoch Ausnahmen. Der BGH betonte, dass es auf den Einzelfall ankommt. Es ist noch unklar, welche spezifischen Situationen von diesem Regelfall abweichen könnten. Sparer sollten daher eine individuelle Prüfung ihrer Situation in Erwägung ziehen, falls sie eine solche Kündigung erhalten.
„Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass Bausparverträge im Regelfall zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündbar sind. Dennoch gibt es Ausnahmen, die eine individuelle Prüfung erfordern.“
Kündigung bei Erreichen der Bausparsumme
Die meisten Gerichte erlauben eine Kündigung, wenn der Bausparvertrag vollständig angespart oder überspart ist. Dies wird damit begründet, dass der Vertragszweck, nämlich das Ansparen für ein Darlehen, erreicht ist. Das Darlehen berechnet sich im Regelfall aus der Differenz zwischen Bausparsumme und Bausparguthaben.
Ein strittiger Punkt ist jedoch, ob Bonuszinsen bei der Berechnung der Bausparsumme berücksichtigt werden dürfen. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat hier zugunsten der Verbraucher entschieden. Es argumentierte, dass die Bausparkasse nicht berechtigt sei, durch die Anrechnung von Bonuszinsen den Kündigungstatbestand der Vollbesparung selbst zu schaffen. Dies würde das Selbstbestimmungsrecht des Kunden verletzen.
Hintergrund: Vertragszweck
Der ursprüngliche Zweck eines Bausparvertrags ist es, nach einer Sparphase ein zinsgünstiges Darlehen für wohnwirtschaftliche Zwecke zu erhalten. Ist die Bausparsumme vollständig angespart, kann der Darlehensanspruch entfallen.
Sonderfälle bei Darlehensansprüchen
Es gab auch Bauspartarife, bei denen der Darlehensanspruch nicht aus der Differenz zur Bausparsumme berechnet wurde, sondern beispielsweise bei 50 Prozent der Bausparsumme lag. In solchen Fällen besteht der Darlehensanspruch auch bei voller Ansparung der Bausparsumme.
Hier könnten Sparer argumentieren, dass der Vertragszweck – ein möglichst hohes Bauspardarlehen zu erhalten – erst mit voller Ansparung der Bausparsumme erreicht wird. Erst dann würde die Zehnjahresfrist nach § 489 BGB beginnen. Solche Tarife waren jedoch die Ausnahme, und es gibt bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu.
Umgang mit Rückständen bei Sparraten
Einige Bausparkassen fordern Sparer auf, rückständige Regelsparraten nachzuzahlen. Andernfalls droht die Kündigung. Die Bausparkassen berufen sich dabei auf ihre Allgemeinen Bausparbedingungen, die oft eine Kündigung erlauben, wenn sechs Regelsparbeiträge nicht geleistet und eine Nachzahlungsaufforderung über zwei Monate ignoriert wurde.
Ob eine solche Aufforderung rechtens ist, hängt vom Einzelfall ab. Sparer sollten prüfen, welche Rate im ursprünglichen Antrag vereinbart wurde. Eine handschriftlich vereinbarte, abweichende Rate hat Vorrang vor den allgemeinen Bedingungen.
- Individuelle Vereinbarungen prüfen: Welche Rate wurde im Antrag festgehalten?
- Vertrauensschutz: Hat die Bausparkasse jahrelang keine Raten eingefordert?
- Verjährung: Forderungen zur Nachzahlung könnten nach drei Jahren verjähren.
Das Landgericht Stuttgart hat in einem Beschluss vom 22. September 2017 (Az. 6 O 45/16) argumentiert, dass der Nachzahlungsanspruch der Bausparkasse der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegen könnte. Dies gibt Sparern ein wichtiges Argument in die Hand.
Kündigung wegen nicht gezahlter Raten
Wenn Sparer eine Nachzahlung nicht fristgerecht leisten, kann die Kündigung erfolgen. Die Rechtslage ist hier komplex. Während der Anspruch auf Nachzahlung verjähren kann, verjährt der Kündigungsanspruch nicht unbedingt, da der Vertrag weiterläuft. So urteilten unter anderem das Landgericht Aachen und das Oberlandesgericht Köln.
Sparer können sich auch auf die Verwirkung des Kündigungsanspruchs berufen. Der BGH stellte jedoch klar, dass dies individuell geprüft werden muss. Es reicht nicht aus, dass die Bausparkasse lange Zeit von ihrem Recht keinen Gebrauch gemacht hat. Es müssen zusätzliche Umstände vorliegen, die ein Vertrauen des Sparers rechtfertigen.
Wichtiger Hinweis
Wenn die Bausparkasse Ratenpausen oder -änderungen zugelassen oder den Lastschrifteinzug eingestellt hat, könnten Sparer darauf vertrauen, dass keine Rückstände bestehen. Solche Umstände können gegen eine Kündigung sprechen.
Bereitstellungszinsen und Bonusauszahlungen
Manche Bausparkassen versuchen, Sparer durch die unrechtmäßige Forderung von Bereitstellungszinsen zur Vertragsauflösung zu drängen. Bereitstellungszinsen dürfen jedoch nicht verlangt werden, solange der Bausparer die Zuteilung nicht angenommen hat.
Sparer sollten genau prüfen, was sie mit der Zuteilungsbenachrichtigung unterschreiben. Eine Annahmeerklärung könnte die Grundlage für Bereitstellungszinsen schaffen. Solange die Zuteilung nicht angenommen wird, läuft die Sparphase weiter, und die Bausparkasse muss die vereinbarten Guthabenzinsen zahlen.
Anspruch auf Bonus und Treueprämie sichern
Viele Verträge sehen einen Bonus, eine Treueprämie oder die Erstattung der Abschlussgebühr vor. Dieser Anspruch ist oft an Bedingungen geknüpft, wie die Annahme der Zuteilung und den Verzicht auf das Darlehen. Es ist entscheidend, die Bausparbedingungen genau zu kennen und diese Erklärungen rechtzeitig abzugeben.
Manche Bausparkassen weigern sich, den Bonus auszuzahlen, wenn der Vertrag durch Einzahlungen die Bausparsumme erreicht hat und somit kein Darlehensanspruch mehr besteht. Das Argument: Wenn kein Darlehensanspruch mehr besteht, kann auch nicht darauf verzichtet werden.
Rechtliche Argumentation
Das OLG Stuttgart und die Schlichtungsstelle der Privaten Bausparkassen haben in ähnlichen Fällen zugunsten der Verbraucher entschieden. Sparer können auch nach einer Kündigung durch die Bausparkasse den Verzicht auf das Darlehen erklären, solange die Kündigung noch nicht wirksam ist.
Handlungsempfehlungen für Sparer
- Bedingungen prüfen: Lesen Sie genau nach, welche Voraussetzungen für Bonusansprüche gelten.
- Rechtzeitig handeln: Erklären Sie die Annahme der Zuteilung und den Verzicht auf das Darlehen, bevor die Bausparkasse kündigen darf. Dies ist in der Regel 10 Jahre nach Zuteilung oder bei Erreichen der Bausparsumme der Fall.
- Frühzeitige Erklärung: Warten Sie nicht bis zum letzten möglichen Monat. Eine Erklärung drei Monate früher kann Streitigkeiten vermeiden.
Für Kunden der Bausparkasse Schwäbisch Hall gibt es eine Besonderheit: Neben dem Darlehensverzicht muss eine Treueoption gewählt und eine Treuezeit von 12 Monaten erfüllt werden. Dies ist bereits fünf Jahre nach Vertragsschluss möglich. Eine frühzeitige Wahl der Treueoption ist ratsam, um die Frist sicher einzuhalten.
Lastschrifteinzug und Alternativangebote
Einige Bausparkassen stellen den Lastschrifteinzug für Regelsparraten ein. Sparer haben zwar keinen Anspruch auf Lastschrifteinzug, können aber stattdessen einen Dauerauftrag einrichten, um ihre Sparraten weiterhin zu leisten.
Bausparkassen versuchen auch, Sparer mit Prämien, Sonderzahlungen oder vermeintlich besseren Alternativangeboten aus den lukrativen Altverträgen zu locken. Solche Angebote sind in der Regel nicht im Interesse des Sparers, sondern dienen dazu, die Bausparkasse von den hohen Zinslasten zu befreien. Sparer sollten solche Angebote kritisch prüfen und sich nicht zu einem Tarifwechsel überreden lassen.
Es ist ratsam, sich bei Unsicherheiten an eine Verbraucherzentrale oder einen Anwalt zu wenden. Sie können eine fachkundige Einschätzung geben und Sparern helfen, ihre Rechte durchzusetzen.





