Auf einem 1,5 Kilometer langen Teilstück der französischen Autobahn A10, südwestlich von Paris, wird derzeit ein innovatives System zum induktiven Laden von Elektrofahrzeugen während der Fahrt getestet. Dieses Pilotprojekt könnte die Elektromobilität, insbesondere im Schwerlastverkehr, revolutionieren und die Notwendigkeit großer Batterien reduzieren.
Wichtige Erkenntnisse
- 1,5 km langes Teststück auf der A10 in Frankreich mit induktiver Ladetechnik ausgestattet.
- Erster Praxistest auf einer öffentlichen Autobahn unter regulären Verkehrsbedingungen.
- Spitzenleistung von über 300 Kilowatt im Standbetrieb, Durchschnittsleistung über 200 kW.
- Zielgruppe sind vorrangig Schwerlastfahrzeuge zur Reduzierung der Batteriegröße.
- Beteiligte Unternehmen und Institutionen: Electreon, Universität Gustave Eiffel, VINCI Construction, Hutchinson.
Das Projekt Charge As You Drive
Ein Konsortium hat im Rahmen des Projekts „Charge As You Drive“ die Strecke mit speziellen Spulen im Fahrbahnbelag versehen. Diese Spulen ermöglichen es kompatiblen Elektrofahrzeugen, während der Fahrt drahtlos Energie aufzunehmen. Nach Abschluss der Installationsarbeiten beginnt nun der entscheidende Praxistest.
Als Testfahrzeuge kommen verschiedene Typen zum Einsatz: ein Schwerlast-Lkw, ein Nutzfahrzeug, ein Pkw sowie ein Bus. Diese Vielfalt soll die Anwendbarkeit der Technologie unter realen Bedingungen für unterschiedliche Fahrzeugklassen demonstrieren.
Faktencheck
- Teststrecke: 1,5 Kilometer auf der A10, rund 40 km südwestlich von Paris.
- Technologie: Induktives Ladesystem (Electric Road System – ERS) von Electreon.
- Gemessene Leistung: Über 300 kW Spitzenleistung (stehend), über 200 kW Durchschnittsleistung (optimal).
Ein Novum auf öffentlichen Straßen
Das israelische Unternehmen Electreon, Entwickler der induktiven Ladetechnik namens Electric Road System (ERS), betont die Besonderheit dieses Tests. Es handele sich um den ersten Einsatz eines solchen Systems auf einer öffentlichen Autobahn im regulären Verkehr. Dies markiert einen wichtigen Schritt in der Entwicklung dynamischer Ladelösungen.
Neben Electreon sind weitere namhafte Partner an dem Projekt beteiligt. Dazu gehören die Universität Gustave Eiffel, die für wissenschaftliche Tests und Analysen zuständig ist, der französische Baukonzern VINCI Construction sowie der französische Kunststoffhersteller Hutchinson.
„Der Einsatz dieser Technik auf den wichtigsten Straßen Frankreichs wird zusammen mit den Ladestationen die Elektrifizierung von Schwerlastfahrzeugflotten weiter beschleunigen und damit die Treibhausgasemissionen des Fracht- und Logistiksektors reduzieren.“
Nicolas Notebaert, Chef des VINCI-Geschäftsbereichs Concessions
Herausforderungen und Potenziale
Erste Tests der Wissenschaftler der Universität Gustave Eiffel zeigen vielversprechende Ergebnisse. Das ERS-System liefert eine Spitzenleistung von über 300 Kilowatt. Die Durchschnittsleistung liegt bei über 200 Kilowatt. Diese Werte wurden unter optimalen Bedingungen ermittelt, wenn sich ein Fahrzeug nicht bewegt. Die Leistung unter dynamischen Bedingungen während der Fahrt ist ein zentraler Aspekt der laufenden Tests.
Hintergrund: Schwerverkehr im Fokus
Das induktive Laden während der Fahrt ist primär für den Schwerlastverkehr konzipiert. Aktuell benötigen E-Lkw und Busse sehr große Batterien, um ausreichende Reichweiten zu erzielen. Diese großen Akkus tragen erheblich zum Gesamtgewicht der Fahrzeuge bei, was wiederum die mögliche Nutzlast reduziert.
Durch die Möglichkeit, unterwegs zu laden, könnten Schwerfahrzeuge mit kleineren Batterien auskommen. Dies würde das Gewicht der Fahrzeuge senken und die Nutzlast erhöhen. Es könnte auch die Anschaffungskosten senken und die Effizienz steigern.
Vergleich mit alternativen Konzepten
Das Konzept des induktiven Ladens konkurriert mit anderen Ansätzen zur Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs. Ein bekanntes alternatives Modell sind die E-Highways, die mit Oberleitungen ausgestattet sind, um Lkw während der Fahrt mit Strom zu versorgen. Dieses System, das bereits in einigen Testregionen erprobt wird, erfordert jedoch eine sichtbare Infrastruktur über den Fahrspuren.
Das induktive System hingegen ist weitgehend unsichtbar im Straßenbelag integriert. Dies könnte ästhetische und praktische Vorteile bieten, da keine zusätzlichen baulichen Elemente über der Fahrbahn notwendig sind. Die Integration in bestehende Infrastruktur ist ebenfalls ein wichtiger Faktor.
Umweltauswirkungen und Wirtschaftlichkeit
Die Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs hat das Potenzial, die Treibhausgasemissionen erheblich zu senken. Nicolas Notebaert von VINCI Concessions hebt hervor, dass der Fracht- und Logistiksektor in Frankreich über 16 Prozent der Emissionen ausmacht. Eine erfolgreiche Implementierung dieser Technologie könnte einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten.
Langfristig müssen auch die Kosten für Installation und Wartung der induktiven Ladesysteme sowie die Effizienz der Energieübertragung bewertet werden. Die Skalierbarkeit der Technologie auf größere Autobahnnetze ist entscheidend für ihren Erfolg.
- Vorteile: Weniger Emissionen, kleinere Batterien, höhere Nutzlast für Lkw, unsichtbare Infrastruktur.
- Herausforderungen: Hohe Installationskosten, Effizienz der Energieübertragung, Kompatibilität der Fahrzeuge.
Zukunftsaussichten
Die Ergebnisse des Feldtests auf der A10 werden von Experten weltweit aufmerksam verfolgt. Sollte sich das System im regulären Verkehr bewähren, könnte es eine praktikable Lösung für die Elektrifizierung langer Transportwege darstellen. Dies würde nicht nur die Umwelt entlasten, sondern auch die Logistikbranche nachhaltig verändern.
Die Möglichkeit, Elektrofahrzeuge kontinuierlich während der Fahrt zu laden, könnte die Reichweitenangst minimieren und die Akzeptanz von E-Fahrzeugen, insbesondere im gewerblichen Bereich, deutlich steigern. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Technologie in den kommenden Monaten im Dauertest bewähren wird.





