Das britische Robotik-Startup Humanoid hat einen wichtigen Meilenstein erreicht: Ein Pre-Alpha-Roboter des Unternehmens absolvierte erfolgreich einen Behältergreif-Test im Werk des deutschen Industrielieferanten Schaeffler in Erlangen. Dieser Erfolg markiert einen entscheidenden Schritt in der Integration humanoider Roboter in die industrielle Fertigung.
Wichtige Erkenntnisse
- Humanoid-Roboter bewältigt komplexe Behältergreif-Aufgabe bei Schaeffler.
- Der Roboter nutzte Parallelgreifer, um Metallringe aus ungeordneten Behältern zu entnehmen.
- Mobilität und Generalisierung sind entscheidende Vorteile gegenüber traditioneller Automatisierung.
- Die nächste Phase sieht den Einsatz des fortschrittlicheren HMND 01 Alpha-Roboters vor.
- Schaeffler plant den Einsatz einer erheblichen Anzahl humanoider Roboter weltweit.
Erfolgreicher Testlauf in der Praxis
Der durchgeführte Test konzentrierte sich auf eine sogenannte „Bin-Picking“-Aufgabe. Dabei musste der Roboter metallische Lagerringe aus unorganisierten Behältern entnehmen. Diese Aufgabe gilt als besonders anspruchsvoll für herkömmliche Automatisierungssysteme.
Der Humanoid-Roboter setzte dabei seine Parallelgreifer ein, um die Ringe präzise zu greifen. Anschließend transferierte er sie zu einem Puffertisch und bewegte sich zwischen verschiedenen Stationen. Diese Fähigkeit zur autonomen Korrektur bei der Neuanordnung des Griffs war entscheidend für den Erfolg, insbesondere im Umgang mit unübersichtlichen Behältern.
Faktencheck
- Aufgabe: Behältergreifen von Metallringen.
- Ort: Schaeffler-Werk in Erlangen, Deutschland.
- Technologie: Humanoid Pre-Alpha-Roboter mit Parallelgreifern.
- Besonderheit: Autonome Korrekturfähigkeiten für das erneute Greifen in Echtzeit.
Vorteile humanoider Plattformen in der Produktion
Die Wahl dieser spezifischen Aufgabe war strategisch. Unternehmen wie Schaeffler und Humanoid betonen, dass traditionelle feste Roboterarme oder Cobots in solchen Szenarien oft unter geringer Auslastung und begrenztem Return on Investment (ROI) leiden. Humanoide Plattformen bieten hier entscheidende Vorteile, die über die Fähigkeiten statischer Systeme hinausgehen.
Mobilität und Flexibilität
Ein zentraler Vorteil ist die Mobilität. Ein humanoider Roboter kann sich zwischen mehreren Maschinen oder Arbeitsstationen bewegen. Dies erhöht seine Auslastung erheblich und ermöglicht eine flexiblere Ressourcennutzung im Fertigungsprozess. Statt einen Roboter für eine einzige Aufgabe zu fixieren, kann er dynamisch dort eingesetzt werden, wo er gerade benötigt wird.
Hintergrundinformationen
Traditionelle Industrieroboter sind oft für spezifische, repetitive Aufgaben konzipiert und an einem festen Ort installiert. Ihre Programmierung ist auf exakte Abläufe ausgelegt. Sobald sich die Anforderungen ändern oder neue Produkte hinzukommen, ist eine aufwendige Neuprogrammierung erforderlich. Humanoide Roboter versprechen hier eine höhere Anpassungsfähigkeit.
Generalisierung durch Künstliche Intelligenz
Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Generalisierungsfähigkeit. Moderne KI-Modelle können so trainiert werden, dass sie eine Vielzahl unterschiedlicher Teile handhaben. Dies eliminiert die Notwendigkeit einer Neuprogrammierung für jede neue Komponente. Stattdessen lernt der Roboter, Muster und Objekte zu erkennen und entsprechend zu agieren, was die Implementierungszeit und -kosten reduziert.
Die Trainingsmethode von Humanoid umfasste die Erstellung eines „physischen Zwillings“ im Labor. Dort wurde über Teleoperation mit Leader-Armen Trainingsdaten gesammelt. Diese Daten dienten dann der Feinabstimmung eines vortrainierten Vision-Language-Action (VLA)-Modells. Dieser Ansatz spiegelt die pragmatische Strategie von Humanoid-Gründer Artem Sokolov wider, der schnelle, praxisnahe Anwendungen über reine Forschung stellt.
„Humanoide Roboter spielen eine entscheidende Rolle in unserer Vision für die zukünftige Produktion. Schaeffler plant, eine erhebliche Anzahl humanoider Roboter in seiner globalen Fertigung einzusetzen.“
Schaefflers umfassende Robotik-Strategie
Für Schaeffler stellt dieser erfolgreiche Machbarkeitsnachweis einen weiteren wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Einführung humanoider Roboter dar. Das Unternehmen verfolgt eine mehrgleisige Strategie, um die Potenziale der Robotik voll auszuschöpfen.
Die Zusammenarbeit mit Humanoid ist nicht die einzige Initiative von Schaeffler in diesem Bereich. Der Industriegigant hat bereits mit Accenture, NVIDIA und Microsoft kooperiert, um digitale Zwillinge seiner Fabriken zu erstellen. Diese Simulationen wurden genutzt, um Szenarien mit Robotern von Wettbewerbern wie Agility Robotics (Digit) und Sanctuary AI (Phoenix) zu testen.
Der aktuelle Test mit Humanoid scheint jedoch einer der ersten physischen, vor Ort durchgeführten Versuche zu sein, die das Unternehmen öffentlich bekannt gegeben hat. Dies unterstreicht die Ernsthaftigkeit, mit der Schaeffler die Integration dieser Technologie vorantreibt.
Nächster Schritt: Der HMND 01 Alpha tritt in Aktion
Der ursprüngliche Test nutzte einen sogenannten „Pre-Alpha“-Roboter. Aufgrund des Erfolgs wird das Projekt nun in eine zweite Phase übergehen, die in einer realen Produktionsumgebung stattfinden wird. Hierfür kommt der kürzlich vorgestellte HMND 01 Alpha Roboter von Humanoid zum Einsatz.
Der HMND 01 Alpha ist speziell für industrielle Aufgaben konzipiert. Er ist 220 cm groß und kann eine Nutzlast von bis zu 15 kg tragen. Seine fahrbare Basis ist ein Schlüsselelement der pragmatischen Strategie des Unternehmens und wird in der nächsten Phase unter realen Bedingungen getestet.
HMND 01 Alpha – Spezifikationen
- Größe: 220 cm (7'3")
- Nutzlast: 15 kg (33 lbs)
- Besonderheit: Fahrbare Basis für erhöhte Mobilität.
- Entwicklungszeit: Nur sieben Monate.
Die zweite Phase zielt darauf ab, die Leistung des Roboters in einer realistischen Fertigungsumgebung zu validieren. Dies beinhaltet die Bewältigung von Lärm, Staub und den allgemeinen betrieblichen Anforderungen eines aktiven Fabrikbodens. Humanoid behauptet, den HMND 01 Alpha in nur sieben Monaten entwickelt zu haben, was die schnelle Innovationsfähigkeit des Startups unterstreicht.
Es wird erwartet, dass der HMND 01 Alpha eine höhere Nutzlastkapazität, fortschrittlichere Manipulationsfähigkeiten und eine verbesserte KI-Leistung bieten wird. Diese Weiterentwicklungen sind entscheidend, um die Robustheit und Effizienz in einem anspruchsvollen industriellen Umfeld zu gewährleisten.





