Hamburgs ambitionierter Plan, die gesamte Busflotte bis Anfang der 2030er Jahre auf emissionsfreie Antriebe umzustellen, steht vor erheblichen finanziellen Hürden. Die Kosten für Elektrobusse sind deutlich höher als erwartet, was die Hochbahn dazu zwingt, ihre Elektrifizierungsstrategie anzupassen.
Wichtige Erkenntnisse
- 36 Prozent der Hamburger Busse fahren bereits elektrisch.
- Ein E-Bus kostet im Schnitt 762.000 Euro, zwei- bis dreimal mehr als ein Dieselbus.
- Die Hochbahn hat bisher 320,5 Millionen Euro für 420 E-Busse ausgegeben.
- Bundesförderung für E-Busse läuft dieses Jahr aus.
- Die Hochbahn verzögert die Ausmusterung von Dieselbussen und plant den Einsatz von HVO-Kraftstoff.
Hohe Kosten belasten die Finanzierung
Die Umstellung auf Elektromobilität im öffentlichen Nahverkehr ist ein zentrales Element der Hamburger Klimastrategie. Doch die finanziellen Herausforderungen wachsen. Die Hamburger Hochbahn AG hat bereits 320,5 Millionen Euro für den Kauf von 420 Elektrobussen investiert.
Dies entspricht einem Durchschnittspreis von 762.000 Euro pro Fahrzeug. Zum Vergleich: Ein herkömmlicher Dieselbus ist zwei- bis dreimal günstiger in der Anschaffung.
Faktencheck E-Busse
- Anzahl gekaufter E-Busse: 420
- Gesamtkosten: 320,5 Millionen Euro
- Durchschnittspreis pro E-Bus: 762.000 Euro
- Anteil Elektrobusse an der Flotte (Hochbahn/VHH): 36 Prozent
Die anfängliche Unterstützung durch den Bund, die den Kauf der teureren E-Busse erleichtern sollte, läuft dieses Jahr aus. Die letzten Fördergelder können bis Mitte 2026 abgerufen werden. Dies verschärft die finanzielle Situation der Verkehrsunternehmen erheblich.
Sinkender Kostendeckungsgrad der Hochbahn
Die finanzielle Lage der Hamburger Hochbahn AG ist angespannt. Der Kostendeckungsgrad, der den Anteil der Einnahmen an den Gesamtkosten misst, ist in den letzten fünf Jahren deutlich gesunken.
Im Jahr 2019 lag er noch bei 90,1 Prozent. Bis heute ist dieser Wert auf 65,8 Prozent gefallen. Für das kommende Jahr 2025 erwartet die Hochbahn einen leichten Anstieg auf 67,7 Prozent, was jedoch immer noch weit unter dem Niveau von 2019 liegt.
„Wir machen uns große Sorgen um die Finanzen der Hochbahn“, äußerte Richard Seelmaecker, stellvertretender CDU-Fraktionschef in der Bürgerschaft. Er weist darauf hin, dass im nächsten Jahr 390 Millionen Euro aus dem Hamburger Haushalt zugeschossen werden müssen, um das Defizit auszugleichen.
Was ist der Kostendeckungsgrad?
Der Kostendeckungsgrad zeigt an, wie viel Prozent der Betriebskosten eines Unternehmens durch eigene Einnahmen gedeckt werden. Ein niedriger Wert bedeutet eine höhere Abhängigkeit von Subventionen oder Zuschüssen.
Verzögerte Elektrifizierung und HVO-Einsatz
Angesichts der finanziellen Engpässe hat die Hochbahn bereits im Juni angekündigt, das Tempo der Flottenelektrifizierung zu drosseln. Dies bedeutet, dass Dieselbusse länger im Einsatz bleiben werden als ursprünglich geplant – zwei bis drei Jahre zusätzlich.
Um dennoch die Klimaziele zu verfolgen, sollen die verbleibenden Dieselbusse von 2026 bis 2029 auf den Kraftstoff HVO umgestellt werden. HVO steht für Hydrotreated Vegetable Oils, also hydrierte Pflanzenöle. Dieser Kraftstoff gilt als weniger klimaschädlich als herkömmlicher Diesel.
HVO: Eine Übergangslösung mit Debatten
Die Umstellung auf HVO-Kraftstoff ist jedoch nicht unumstritten. Obwohl er aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen wird, gibt es Diskussionen über seine tatsächliche Klimabilanz. Einige Untersuchungen legen nahe, dass HVO100-Kraftstoff in bestimmten Szenarien sogar klimaschädlicher sein könnte als herkömmlicher Diesel, insbesondere wenn indirekte Landnutzungsänderungen berücksichtigt werden.
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) bekräftigte die Absicht, weiterhin nur emissionsfreie Fahrzeuge anzuschaffen und die Busflotte bis 2029 klimaneutral zu gestalten. Er betonte jedoch, dass dies auf einem „anderen Wege“ geschehen werde.
Aktuell verfügt die Hochbahn noch über 706 Dieselbusse, die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) über weitere 520 Dieselbusse. Diese Bestände sollen schrittweise ersetzt oder auf HVO umgestellt werden.
Ausblick für Hamburgs Busflotte
Die Herausforderungen für die Hamburger Verkehrsbetriebe sind vielfältig. Neben den hohen Anschaffungskosten für Elektrobusse und dem Auslaufen der Bundesförderung müssen auch die Infrastruktur für Ladestationen und die Wartung der neuen Fahrzeuge finanziert werden.
Die Stadt Hamburg bleibt zwar dem Ziel einer komplett emissionsfreien Busflotte treu, muss aber realistische Wege finden, dieses Ziel zu erreichen, ohne die finanzielle Stabilität der Verkehrsunternehmen zu gefährden. Die Strategie, Dieselbusse länger zu nutzen und auf HVO umzustellen, zeigt den pragmatischen Ansatz, um die ambitionierten Klimaziele trotz finanzieller Engpässe zu verfolgen.
Die kommenden Jahre werden zeigen, wie sich diese angepasste Strategie auf die Emissionsreduktion und die Betriebskosten auswirken wird. Die Entwicklung in Hamburg könnte auch als Blaupause für andere Städte dienen, die vor ähnlichen Herausforderungen bei der Elektrifizierung ihres öffentlichen Nahverkehrs stehen.





