Nach über einem Jahrzehnt der Uneinigkeit steht der Weiterbau der Küstenautobahn A20 in Schleswig-Holstein fest. Das Land Schleswig-Holstein und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) haben sich auf einen Kompromiss geeinigt. Diese Entwicklung ebnet den Weg für die Fortsetzung eines der größten Verkehrsprojekte Deutschlands.
Wichtige Punkte
- Einigung zwischen Land Schleswig-Holstein und BUND nach über zehn Jahren.
- Gründung einer Landesstiftung Fledermausschutz mit 14 Millionen Euro.
- BUND zieht Klage gegen A20-Abschnitt Weede-Wittenborn zurück.
- Kosten für den Weiterbau der A20 steigen auf 8,5 Milliarden Euro.
Historische Einigung sichert Fledermausschutz
Die Einigung betrifft insbesondere den Schutz der Fledermäuse rund um die Kalkberghöhen bei Bad Segeberg. Dieses Gebiet gilt als Deutschlands größtes Überwinterungsquartier für Fledermäuse. Um die bedrohten Tiere zu schützen, wird eine neue Landesstiftung Fledermausschutz ins Leben gerufen.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) bezeichnete den Tag der Einigung als historisch. Die Landesregierung stellt 14 Millionen Euro für die Ausstattung dieser Stiftung bereit. Diese Mittel sollen gezielt für Schutzmaßnahmen der Fledermäuse eingesetzt werden.
„Dies ist ein historischer Tag für Schleswig-Holstein und für den Naturschutz“, sagte Ministerpräsident Daniel Günther. „Wir haben gezeigt, dass große Infrastrukturprojekte und der Schutz unserer einzigartigen Natur Hand in Hand gehen können.“
Im Gegenzug zu dieser Zusage zieht der BUND seine Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zurück. Diese Klage hatte den Bau des zehn Kilometer langen A20-Abschnitts von Weede bis Wittenborn blockiert.
Faktencheck: Kalkberghöhlen
- Status: Größtes Fledermaus-Überwinterungsquartier Deutschlands.
- Artenvielfalt: Heimat für verschiedene Fledermausarten.
- Bedeutung: Entscheidend für den Artenschutz in der Region.
Bedeutung für die Küstenautobahn A20
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) begrüßte die Einigung nachdrücklich. Er bezeichnete die A20 als eines der wichtigsten Autobahnprojekte in Deutschland. Mit dem Wegfall der Klage ist der Weg für ein bestandskräftiges Baurecht frei.
Der Bund wird sich laut Schnieder unmittelbar um die Finanzierung des Projekts kümmern, sobald alle rechtlichen Hürden genommen sind. Die A20 ist Teil der 1991 beschlossenen Verkehrsprojekte Deutsche Einheit und soll die norddeutschen Bundesländer besser miteinander verbinden.
Ein Großteil der A20, etwa 345 von insgesamt 545 Kilometern, ist bereits in Betrieb. Der östliche Teil wurde bereits 2005 fertiggestellt. Der nun freigegebene Abschnitt ist entscheidend, um die Lücken im westlichen Teil zu schließen und die Verbindung komplett zu machen.
Hintergrund: Verkehrsprojekte Deutsche Einheit
Die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit (VDE) wurden 1991 beschlossen. Ihr Ziel war es, die Verkehrsinfrastruktur zwischen Ost- und Westdeutschland zu verbessern und die neuen Bundesländer an das bestehende Netz anzuschließen. Die A20 ist eines von insgesamt 17 Projekten.
Kostenexplosion und Finanzierung
Die Kosten für den Weiterbau der A20 sind in den letzten Jahren drastisch gestiegen. Eine Schätzung aus dem Jahr 2021 bezifferte die Kosten noch auf rund 5,1 Milliarden Euro. Ein aktueller Bericht von Bundesverkehrsminister Schnieder an den Haushaltsausschuss des Bundestags nennt nun eine Summe von 8,5 Milliarden Euro. Dies stellt eine Steigerung von über 66 Prozent dar.
Die Finanzierung dieser enormen Summe muss nun vom Bund sichergestellt werden. Die steigenden Baukosten sind eine Herausforderung für die öffentliche Hand und könnten weitere Diskussionen über die Wirtschaftlichkeit des Projekts anstoßen.
Zukünftige Anbindung der A20
Nach ihrer Fertigstellung wird die A20 eine wichtige Rolle im norddeutschen Verkehrsnetz spielen. Sie soll mehrere bestehende Autobahnen kreuzen und anbinden:
- A7
- A21
- A23
- A27
- A29
- A26
- A28
Zusätzlich sind auf der geplanten Strecke der A20 auch große Querungen der Flüsse Elbe und Weser vorgesehen. Diese erfordern aufwendige Brücken- oder Tunnelbauten, was die Komplexität und die Kosten des Projekts weiter erhöht.
Die Fertigstellung der A20 wird die Regionen entlang der Küste entlasten und die Anbindung an die großen Seehäfen verbessern. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf den Wirtschaftsverkehr und die Logistik in Norddeutschland.
Umweltverbände und Infrastrukturprojekte
Die Einigung zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem BUND zeigt, dass Kompromisse bei großen Infrastrukturprojekten möglich sind. Oftmals stehen sich die Interessen von Umweltschutz und wirtschaftlicher Entwicklung gegenüber.
Der Bau von Autobahnen hat immer Auswirkungen auf die Natur. Daher ist es entscheidend, dass entsprechende Ausgleichs- und Schutzmaßnahmen getroffen werden. Die Gründung der Fledermausschutzstiftung ist ein Beispiel für solche Maßnahmen, die den Bau ermöglichen und gleichzeitig den Artenschutz gewährleisten sollen.
Die lange Dauer der Auseinandersetzung, über ein Jahrzehnt, verdeutlicht die Komplexität solcher Vorhaben. Es erfordert Geduld und Verhandlungsbereitschaft von allen Seiten, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.
Die Erfahrungen mit der A20 könnten Modellcharakter für zukünftige Projekte in Deutschland haben. Sie zeigen, dass ein Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Umweltverbänden zu tragfähigen Lösungen führen kann, selbst bei langwierigen Konflikten.





