Unser digitales Leben wächst stetig. Von E-Mails über soziale Netzwerke bis hin zu Smart-Home-Geräten – viele unserer Aktivitäten finden online statt. Doch was passiert mit diesen digitalen Spuren, wenn wir uns nicht mehr selbst darum kümmern können? Eine frühzeitige Regelung des digitalen Nachlasses ist entscheidend, um Angehörigen im Ernstfall unnötigen Aufwand und Kosten zu ersparen.
Wichtige Erkenntnisse
- Regeln Sie frühzeitig, wer sich um Ihr digitales Leben kümmern soll.
- Erstellen Sie eine umfassende Liste aller Online-Konten mit Zugangsdaten.
- Erteilen Sie einer Vertrauensperson eine über den Tod hinausgehende Vollmacht.
- Löschen Sie ungenutzte Online-Konten, um den Überblick zu behalten.
Das digitale Leben: Eine wachsende Herausforderung
Die Digitalisierung durchdringt immer mehr Bereiche unseres Alltags. Wir nutzen Online-Banking, schließen Verträge digital ab und kommunizieren über Messenger-Dienste. Diese Bequemlichkeit bringt jedoch auch neue Verantwortlichkeiten mit sich.
Im Falle einer schweren Krankheit, eines Unfalls oder des Todes müssen diese digitalen Spuren verwaltet oder aufgelöst werden. Ohne entsprechende Vorsorge kann dies für Hinterbliebene zu einer enormen Belastung werden.
Faktencheck
Viele online abgeschlossene Verträge, wie für Energieversorger oder Telekommunikation, laufen nach dem Tod nicht automatisch aus. Sie müssen aktiv gekündigt werden, was ohne Zugangsdaten oft schwierig ist.
Digitale Vorsorge: Was tun?
Der Begriff „digitale Vorsorge“ umfasst die Regelung, wer zu Lebzeiten oder nach dem Tod Zugriff auf elektronisch geführte Zugänge und Verträge hat. Eine umfassende Vorsorge schützt nicht nur Ihre Daten, sondern entlastet auch Ihre Angehörigen.
Der erste Schritt ist die Benennung einer Vertrauensperson. Diese Person sollte mit einer schriftlichen Vollmacht ausgestattet werden, die idealerweise auch über den Tod hinaus Gültigkeit besitzt. Dies stellt sicher, dass die Person handlungsfähig ist, wenn Sie es selbst nicht mehr sind.
Die Bedeutung einer umfassenden Kontenübersicht
Eine Liste aller Online-Konten ist unverzichtbar. Sie sollte Benutzernamen und Passwörter enthalten. Viele Dienste nutzen zudem eine Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA), bei der ein zusätzlicher Code, oft per Smartphone, benötigt wird.
„Es ist entscheidend, dass die Vertrauensperson nicht nur die Passwörter, sondern auch den Zugang zu etwaigen Authentifizierungs-Apps oder Sicherheitscodes hat“, erklärt ein Experte für digitalen Nachlass.
Ergänzen Sie diese Liste idealerweise mit Kontaktdaten der Anbieter und Vertragsnummern. Dies beschleunigt den Prozess im Ernstfall erheblich.
Praktische Beispiele für digitale Herausforderungen
Ohne klare Regelungen können im digitalen Raum vielfältige Probleme entstehen. Hier einige Beispiele, die die Notwendigkeit einer Vorsorge verdeutlichen:
Online-Banking und Finanzen
Ob bei einer Filial- oder Direktbank: Informieren Sie sich frühzeitig über die Möglichkeiten, einen Bevollmächtigten oder Nachlassverwalter für Ihr Online-Konto zu benennen. Das einfache Weitergeben von Zugangsdaten reicht oft nicht aus, insbesondere bei 2FA.
Wichtiger Hinweis
Die unberechtigte Weitergabe von Online-Banking-Zugangsdaten an Dritte kann problematisch sein. Bei Missbrauch kann der Schaden von der Bank oder den Erben möglicherweise nicht ersetzt werden.
Smart Home-Geräte
Smart-Home-Geräte wie vernetzte Heizungen oder Kühlschränke werden oft über Apps gesteuert. Wenn der Hauptadministrator erkrankt oder verstirbt, kann die Steuerung der Geräte zum Erliegen kommen. Es ist ratsam, eine zusätzliche Person aus dem Haushalt als Administrator einzurichten.
Kostenpflichtige Online-Verträge
Viele Verträge werden heute ausschließlich online abgeschlossen und digital gespeichert. Diese Verträge enden in der Regel nicht automatisch mit dem Tod, sondern müssen aktiv gekündigt werden. Beispiele hierfür sind Streaming-Dienste, Abonnements oder Cloud-Speicher.
Nur sehr persönliche Dienstleistungsverträge, wie etwa Online-Partnervermittlungen, enden automatisch. Für alle anderen benötigen Bevollmächtigte oder Erben die Zugangsdaten zur Kündigung.
Soziale Netzwerke und persönliche Daten
Soziale Netzwerke speichern eine Fülle persönlicher Informationen und Inhalte. Im Todesfall stellt sich die Frage, was mit dem Profil geschehen soll. Viele Anbieter bieten die Möglichkeit, einen Gedenkzustand einzurichten oder einen Nachlasskontakt zu benennen.
Auch hier sind hinterlegte Zugangsdaten oft der schnellste Weg, um im Notfall handeln zu können, da eine Vollmacht oder ein Testament nicht immer ausreicht, um bei Social-Media-Anbietern schnell Gehör zu finden.
Tipps für Ihre digitale Vorsorge
Die Verbraucherzentralen geben wichtige Empfehlungen, um das digitale Erbe zu regeln und den Überblick zu behalten:
- Frühzeitig handeln: Beginnen Sie so bald wie möglich mit der Planung Ihrer digitalen Vorsorge.
- Überblick verschaffen: Erfassen Sie alle Ihre Online-Aktivitäten, Konten und Registrierungen.
- Aufräumen: Löschen Sie ungenutzte Online-Konten. Denken Sie daran, dass das Löschen einer App das Konto beim Anbieter nicht automatisch auflöst.
- Liste erstellen: Führen Sie eine detaillierte Liste Ihrer Online-Konten mit Benutzernamen, Passwörtern und gegebenenfalls Informationen zur Zwei-Faktor-Authentifizierung. Notieren Sie auch Kontaktdaten und Vertragsnummern.
- Passwortmanager berücksichtigen: Wenn Sie einen Passwortmanager nutzen, muss auch das Masterpasswort in Ihrer Übersicht enthalten sein.
- Anweisungen festlegen: Bestimmen Sie, was mit jedem einzelnen Konto geschehen soll: Löschen, in Gedenkzustand versetzen, Daten sichern?
- Geräte regeln: Legen Sie fest, was mit Ihren Endgeräten wie Computer, Smartphone oder Tablet und den darauf gespeicherten Daten passieren soll.
- Sichere Aufbewahrung: Bewahren Sie die gedruckte oder handschriftliche Liste an einem sicheren, aber zugänglichen Ort auf und informieren Sie Ihre Vertrauensperson darüber.
- Regelmäßige Aktualisierung: Halten Sie die Liste stets aktuell, indem Sie neue Konten hinzufügen und gelöschte entfernen.
- Vollmacht erteilen: Bestimmen Sie eine Person Ihres Vertrauens als Bevollmächtigten und regeln Sie dies schriftlich in einer über den Tod hinaus geltenden Vollmacht.
Von kommerziellen Anbietern, die eine Verwaltung des digitalen Erbes anbieten, raten Experten tendenziell ab. Die Sicherheit solcher Dienste ist oft schwer zu beurteilen und es besteht das Risiko, dass persönliche Daten an Unbefugte gelangen könnten.
Ein gut durchdachter Plan für Ihren digitalen Nachlass gibt Ihnen und Ihren Angehörigen Sicherheit und Klarheit für die Zukunft.





